Fruchtige Säfte und saftiges Fleisch

In Südamerikas Küche mischen sich Einflüsse aus allen Kontinenten

Von Carl D.Goerdeler

Karibischer Norden

Kreolische Naschereien

An der karibischen Küste herrscht kreolische Küche vor; nicht immer hält die Bezeichnung das, was sie als exotischen Genuß verspricht, denn die kreolische Küche ist ursprünglich die der Sklaven gewesen, die sich mit den Abfällen begnügen mussten. Scharf gewürzte Fischsuppen und Meeresfrüchte in vielfältiger Variation gehören heute dazu, ebenso Reis und Maniok. In Suriname und Guyane haben natürlich Holländer und Franzosen kulinarische Spuren hinterlassen: In Paramaribo bekommt man eine opulente javanische Reistafel und in Cayenne »steak au poivre« mit einem trockenen Chablis dazu.

Schweineschwartenverkauf

Landeinwärts beginnt in Venezuela wie in Kolumbien das Reich der arepas, tamales und empanadas, der Maismehltaschen, die mit Hackfleisch und Gemüse gefüllt sind - die südamerikanische Antwort auf die mexikanischen tacos. Die Gerichte im Hinterland sind einfach, nahrhaft und ziemlich fad. Den venezolanischen sancocho sollte man durchaus probieren: ein Gemüseeintopf mit Fisch oder Fleisch und Maniokmehl. Eine kolumbianische Entsprechung wäre locro de choclos, Eintopf auf Mais- oder Kartoffelbasis. Lechón ist ein Spanferkel, die durchgebratene Schweineschwarte - chicharrón - wird fast überall zum Bier geknabbert.

Andenländer

Der Mais wurde von den Inka als heilige Pflanze verehrt; alle präkolumbischen Hochkulturen waren Maiskulturen. Hinzu kam die Kartoffel; die alten Inka entwickelten das Prinzip der Gefriertrocknung zur Konservierung von Nahrungsmitteln lange vor den Europäern. Allerdings kannten sie keine großen tierischen Eiweißlieferanten: Truthahn, Hund und Meerschweinchen mussten dafür herhalten. Im Altiplano von Peru, Bolivien und Ecuador ist cuy, Meerschweinchen, gebraten und gekocht, durchaus auch in Restaurants zu haben. Ansonsten sind mit tamales, empanadas, dicken Maissuppen und anderen caldos nicht gerade kulinarische Gipfel zu ersteigen.
In Peru kommt mit chifa, angepasster China-Küche, ein wenig Abwechslung in die Speisekarte. Ceviche erinnert an japanische Meeresrohkost; nur werden hier die rohen Meeresfrüchte mit scharfem Limonensaft serviert: eine Köstlichkeit, wenn nicht die Cholera drohte. Deshalb nur zum Genuß in den besten Restaurants zu empfehlen. Unbedingt und gefahrlos zu probieren ist, als Aperitif oder Magenschließer, der pisco sour, ein Cocktail auf der Basis von Traubenschnaps, der eiskalt gereicht wird.

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Churrascaria

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Brasilien

Entlang der Landstraßen finden sich unzählige churrascarias, die saftiges Rindfleisch ohne Hormone (dafür gelegentlich zäh) brutzelnd frisch vom Grill servieren. Die Ober bringen die Braten in großen Spießen ununterbrochen an die Tische und schneiden die gewünschten Portionen ab. Schulter, Nacken, Lende, auch Hühnerkeulen und Schweinesteaks gehören dazu. Am Salatbuffet bedient man sich nach Belieben. Eine solche Mahlzeit hält für den ganzen Tag vor. Als Schwerstarbeiter-Essen muss man auch die feijoada bezeichnen, die vorzugsweise an Sonnabenden serviert wird. 

Ein deftiges Essen, das früher den Sklaven gereicht wurde und das nun als nationales Gericht auch in die besten Restaurants Eingang gefunden hat. Schwarze Bohnen, Schweinepfoten und -ohren, Bratwurstscheiben, Rindfleischstücke, Orangen, Reis und gedämpfter, fein geschnittener Kohl. Ohne Zuckerrohrschnaps und viel Bier bringt man die Kalorienbombe kaum herunter. Churrasco und feijoada - die beiden im ganzen Land verbreiteten Gerichte lassen schon ahnen, daß im tropischen Brasilien leichte Salate und klimagerechte Schonkost eher Mangelware sind. Anders liegen die Dinge beim Frühstück: überall reichhaltige Buffets mit frischen Früchten, Brötchen und Kaffee, was einmalig in Südamerika ist.
Eine besondere Stellung aber nimmt die afrikanische Küche von Bahia ein. Die Hauptgerichte der bahianischen Küste sind der carurú, der vatapá, der efó, der acarajé und die moqueca. Letztere ist ein Sud aus Fisch, Krabben und Gemüse, gewürzt mit Pfeffer, dem rötlichen Palmöl (dendê) und Kokosmilch. Die Kokosnuß spielt als Rohstoff bei den Dutzend süßen Köstlichkeiten der bahianischen Desserts eine besondere Rolle. Cocadas (Kokosraspeln) in vielen Variationen und süße, kleine Puddings gehören
als Nachtisch zu den scharfen Hauptgerichten.Brasilien ist das Paradies der Fruchtsäfte. In fast jeder Stadt finden Sie einen Saftladen, der mehr als ein Dutzend unbekannter tropischer Früchte in den Becher mixt. 

Zuckerrohrexpress

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Mit Milch zusammen wird aus dem suco eine vitamina. Auf breiter tropischer Fruchtbasis beruhen auch die köstlichen Speiseeise und die mit Zuckerrohrschnaps angereicherten batidas. Die alkoholische Krone aber gebührt der caipirinha, die zu jeder Gelegenheit getrunken werden kann: Einige Limonen werden zerschnitten und zerstampft, ein bis drei Löffel Zucker darüber, eine kräftige Dosis Zuckerrohrschnaps (cachaça), Eiswürfel, fertig. Als Gegenmittel empfehlen wir den brennend heißen, süßen cafezinho, die brasilianische Variante des Espresso.

La-Plata-Staaten

Das Frühstück in diesen drei Ländern erschöpft sich in Kaffee mit Keksen oder Hörnchen (medialuna). Aber zu den übrigen Mahlzeiten werden dann Fleischberge aufgetischt. Bife de chorizo ist ein riesiges Rumpsteak, lomo ein Filet, asado de tira sind Rippenstücke, chorizo eine würzige Grill-, morcilla eine Blutwurst. In den parrilladas bekommt man mächtige Grillplatten aufgetischt, die alle Fleischsorten und auch Innereien umfassen. Beliebteste Fleischbeilagen sind natürlich die papas fritas und eine ensalada mixta aus Tomaten, Zwiebeln und Blattsalat. Je weiter man nach Süden kommt, um so mehr löst gegrillter Hammel das Rindersteak ab. Asado fueguino sollte man sich nicht entgehen lassen: Direkt vom Buchenholzfeuer kommt das leckere Grillfleisch der Schafe, die in freier Natur weiden.
Die italienische Küche hat in Argentinien eine lange Tradition, so dass nicht immer nur Fleisch, sondern auch Pasta die Speisekarte bereichern. In allen Küstenregionen, besonders aber in Feuerland, liefert darüber hinaus das Meer frische Zutaten. Die preiswerten Rotweine Argentiniens sind ganz hervorragend und seien zu den Fleischgerichten wärmstens empfohlen. Frische Fruchtsäfte sucht man dagegen meistens vergeblich.

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Chile

Chile ist nach Norwegen der größte Exporteur für Lachse. Der wandernde Speisefisch wurde erst vor wenigen Jahrzehnten in der südchilenischen Fjordlandschaft angesiedelt. Auch sonst ist Chile berühmt für seine maritime Küche: Spezialitäten sind neben frischen Austern (ostras) und riesigen Königskrabben (centollas) der loco, eine gigantische Jakobsmuschel mit festem, weißem Fleisch, und colgas und choros, Muscheln, die in Knoblauchsud gekocht werden. Zur Einstimmung trinkt man pisco sour, einen erfrischenden Cocktail aus Traubenschnaps , Zitronen, Glukose, Eiweiß und einem Tropfen Angostura. Die leichten chilenischen Weißweine, die manche europäische Gewächse in den Schatten stellen, gehören natürlich dazu. 

Zum Nachtisch kommt die Überraschung in Form von Apfelstrudel oder Schokoladentorte, ganz wie daheim - der Einfluß deutscher Kolonisten lässt sich schmecken.

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Südamerika: Geschichte Souvenirs Feste
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erschienen im Marco Polo "Südamerika"

Marco Polo, die handliche Reiseführer-Reihe: Insider-Tipps erleichtern den Kontakt zu Einheimischen. Sie erschließen Ihnen kaum bekannte Sehenswürdigkeiten, günstige Einkaufsmöglichkeiten, originelle Restaurants und Strände, Kneipen, Diskotheken und Jazzkeller auch abseits vom normalen Tourismus.

 (Fotos Norbert Bruhn/CariLat ©)

 


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Stand: 09. May 2002
 

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