Unterwegs auf dem Camino Inka in Peru
Von CariLat.de-Leserin Anna van Ghemen
Los ging's früh morgens vor unserem Hotel, der Hostal Amenecer in Cuzco, wo uns laut unserem Veranstalter Wiking Tours um 6 Uhr ein Bus abholen sollte. Wir warteten dick eingemummt in Alpaca-Pullover, Alpaca-Schals, Alpaca-Handschuhe, Wollmütze - alles von verschiedenen Märkten und Straßenhändlern zusammengekauft auf unserer Reise, die uns über Arequipa in den südlichen peruanischen Anden und Puno am Titicacasee bis hierher geführt hatte. Trotz der dicken Sachen froren wir. Es waren nur ca.4° C, Cuzco liegt in 3.326 m Höhe.

Schwingbrücke über den Río Vilcanota

Die hochgepriesene Warmwasser-Dusche im Hotel - für uns in jedem Fall ein wichtiges Kriterium in der Wahl der Unterkunft, denn Heizungen gibt es nur in 5-Sterne-Hotels - hatte sich als kaltes Rinnsal erwiesen. In unseren Rucksäcken: Wanderhose, Socken, Wäsche, Thermounterhemd - alles zum Wechseln für den Fall eines Regengusses. Denn Anfang April ist die Regenzeit noch nicht vorbei. Wir waren also nicht gerade zur besten Zeit unterwegs, um auf dem Camino de Inka nach Machu Picchu, der rund 500 Jahre alten Inka-Stadt in den peruanischen Anden, zu wandern. Zumindest aber hatten wir wohl keine "Huaycos" mehr zu erwarten, diese Geröll- und Schlammlawinen, die zwei Monate zuvor den Inkapfad und die Gleise der in Richtung Machu Picchu fahrenden Eisenbahn zum Teil verschüttet hatten. Einen anderen Weg nach Machu Picchu gibt es nicht - sieht man von dem teuren Touristenhubschrauber und den Pfaden der Einheimischen, die in den winzigen Dörfchen am Rande des bergigen Urwalds, der selva alta, leben, ab. 

Der Bus kam mit 20 Minuten Verspätung. "Buenos dias, Inka Trrrrrail?" Der herausspringende Indio war wie wir in Alpaca gekleidet, hatte eine dieser typischen, aus bunt-eingefärbter Wolle gestrickten "Schlappohrmützen"auf, die unter dem Kinn gebunden werden und die Ohren wärmen. Drinnen saßen bereits ein Pärchen und der Prototyp eines Globetrotters - mit langen, lockigen, blonden Haaren, braun gebranntem Gesicht und abgetragenen, schlabbrigen Klamotten.

Fünf Hotels klapperten wir noch ab, sammelten insgesamt zwölf Mitstreiter ein, bis wir - nun warm eingepfercht zwischen Rucksäcken, Zeltzubehör und Isomatten - endlich Cuzco verließen. Erst mal ging´s durch die bis 6.000 Meter hinaufragenden zum Teil mit Schnee bedeckten Berge der Anden hinein ins Urubambatal, das die Inka ob seines Mikroklimas und der Fruchtbarkeit das Heilige Tal tauften. Am Rande der gleichnamigen Kleinstadt hielt der Bus. Sofort tauchten Indios, gekleidet in bunte Ponchos, auf. Alle redeten gleichzeitig in Quechua, der Indio-Sprache, auf unsere Treck-Leiterin ein. Sie zögerte nicht lange und wählte sechs von ihnen aus, die uns die nächsten vier Tage begleiten, für uns die Zelte tragen und für unsere Verpflegung sorgen sollten. Im Bus war es dadurch jetzt noch enger. Die Indio-Träger hockten beinahe übereinander, dicht an die Schiebetür des Busses gedrängt. Nach etwa einer halben Stunde hörte die asphaltierte Straße auf und der Bus ruckelte über einen unebenen Weg, bis die Bodenlöcher zu tief wurden. Da wir ohnehin fast an unserem Startpunkt am Rande der aus wenigen Häusern bestehenden Ortschaft Chilca bei Kilometer 77 der Straße angelangt waren, begannen wir unseren Trail gleich hier: 56 km bis Machu Picchu - über Pässe und Täler.
Voller Motivation marschierten wir los. Alle hintereinander, denn der Pfad ist sehr schmal. Vorneweg die bepackten Träger, danach unsere Treck-Leiterin, hinter ihr 17 Touristen, alle mit großen Reiserucksäcken und gespannt auf den viel gerühmten Inka-Pfad. Das erste Hindernis, eine etwa 40 Meter lange Schwingbrücke über den Río Vilcanota, war bald bezwungen. Weiter ging es einen leicht ansteigenden Pfad, vorbei an Blumen wie Orchideen und Bromelien, blühenden Sträuchern und Kakteen, an Kolibris und nie gesehenen Insekten. Noch war die Landschaft grün, die Lufttemperatur angenehm. Aber wir waren ja auch erst in einer Höhe von etwa 2.200 Metern. Noch nicht einmal am Eingang des Inka-Trails. Diesen erreichten wir erst nach einer weiteren halben Stunde Fußmarsch: Eine kleine Holzüberdachung mitten in der Einöde. Zwei Männer kassierten die Eintrittsgelder: 17 US$ pro Person. Mit einem internationalen Studentenausweis gab es sogar hier in der Pampa Ermäßigung. 

Ein paar hundert Meter weiter - es fing gerade an zu tröpfeln - kamen wir an unseren ersten Rastplatz mit einer kleinen Holzhütte. Vorausgeeilte Träger hatten bereits Mittagessen vorbereitet. Da sich die Tropfen zu einem heftigen Anden-Schauer ausweiteten, drängten wir uns alle in die Hütte und mussten die Rucksäcke wegen Platzmangels draußen lassen. Wer sich zuvor in Cuzco für ein paar Soles einen dieser hässlichen Müllbeutel-ähnlichen Regenumhänge gekauft hatte, war gut dran, denn unter ihnen blieb das Gepäck halbwegs trocken. Trotzdem zog immer noch soviel Feuchtigkeit in die verpackten Klamotten, dass sie in den nächsten Tagen nicht mehr auszutreiben war. Nach dem Essen ging es dann gleich weiter, immer noch ein nur leicht ansteigender, enger Weg, vorbei an kalten Bächen und Ruinen, ehemaligen Stützpunkten der Inka. Und nach zwei Stunden war unser erstes Nachtlager in einem engen Talgürtel erreicht- ein Platz mit Blick auf die höher werdenden Berge, die wir noch erklimmen mussten. Fast waren wir ein wenig enttäuscht. Den ersten Tag schon geschafft? So leicht, so schnell?

Die Träger hatten bereits die Zelte auf einem Rasenstück hinter einem Steinhaus aufgebaut. Etwas oberhalb stand ein zweites, etwas kleineres und offenbar bewohntes Haus, denn ein Indio schaute aus der Tür und davor liefen zwei Mischlingshunde und einige Hühner herum. Noch kümmerten wir uns nicht darum. Für uns war erstmal Kaffeezeit. Wir aßen Popcorn, brühten uns mit getrockneten Coca-Blättern und Wasser Coca-Tee, der gegen die Höhenkrankheit Sorroche helfen soll, und brachten eine "Hallo, ich heiße..., komme aus..., bin in Perú seit..."-Runde hinter uns. In unserer Gruppe: Franzosen, Dänen, Schweden, Schweizer, ein Engländer, ein Argentinier und ein paar Deutsche.

Rast im Heiligen Tal der Inka bei Urubamba

Abendessen gab's schon kurz bevor die Sonne unterging - und das ist in den Anden kurz nach 18 Uhr. Von Strom und Heizung konnten wir nur träumen. Einige von unserer Gruppe suchten gleich nach dem Essen mit Taschenlampen ihre Zelte auf, der Rest blieb noch ein Weilchen unter dem aus Holz gezimmerten Behelfs-Dach. Es war kalt, nur wenige Grad über Null. Ich fror trotz der dicken Alpaka-Pullover, von denen ich zwei übereinander gezogen hatte. Also unternahmen wir etwas und gingen hinauf zu dem bewohnten Haus. Die Holztür stand offen. Der Indio schien wenig überrascht und lud uns ein, einzutreten. Wir standen in dem einzigen Raum des Hauses, der offensichtlich zugleich als Wohn-, Ess- und Schlafzimmer für ihn und seine Frau diente. Sie saß am Feuer eines Steinkamins, webte oder strickte - in der Dunkelheit konnten wir es nicht genau erkennen. Die Behausung hatte keinen Bodenbelag, die Wände waren nicht verputzt. Zwischen den aufeinandergestapelten Steinen klafften Lücken, durch die eisige Luft eindrang. Links an der Wand neben einem Herd aus Steinen hingen Kochwerkzeuge, Messer und Gartengeräte - alles Ausführungen, die in Europa längst ihren Platz im Museum hätten.
Der Indio hockte sich auf einen Baumstumpf, den einzigen Stuhl im Raum, und wies uns stumm eine kleine Holzbank an, die mit ihrem ausgebreiteten Alpaca-Fell offenbar eine Art Wohnzimmersofa darstellte. Dann begann die Frau zu sprechen. Ihre zwei Kinder - erzählte sie einer schwer verständlichem Mischung aus Quechua und Spanisch, ab und an unterstützt von spanischen Worten ihres Ehemannes - würden im nächsten Dorf zur Schule gehen, sie sprächen Spanisch besser als Quechua. In der Woche würden sie unten im Dorf wohnen, aber am Wochenende kämen sie nach Hause, um zu helfen, Stoffe und Gemüse für den Markt zu verkaufen.

Sie redete leise, das Feuer knisterte, an der Wand bewegten sich unsere Schatten nur wenig. Plötzlich lief mir etwas über den Fuß. Ich konnte gerade noch an mich anhalten, um nicht laut aufzuschreien. Eine Ratte, war mein erster Gedanke. "Wir züchten Meerschweinchen", erklärte der Mann, der offenbar mein Entsetzen bemerkt hatte. "Cuys" - ich hatte schon vom Nationalgericht der Peruaner gehört. Sie essen sie zu besonderen Gelegenheiten, je nach Region mit unterschiedlicher Füllung. Aufgetischt werden sie mit Kopf und Pfötchen, lediglich das Fell wird zuvor abgezogen. Und jetzt sah ich sie überall im Halbdunkel: Weiße, beige, braune... Sie huschten am Boden umher, saßen unter der Bank, umkreisten den Baumstamm und kletterten sogar auf das einzig vorhandene Holzbett in der Ecke. Mindestens ein Dutzend, wenn nicht sogar 20. Ich malte mir aus, wie die Tiere hinter mir auf die Bank kletterten - und genoss wenig später meinen gut verschließbaren warmen Schlafsack.

Nach einem Frühstück mit warmem Quinoa-Brei und Toast ging es am nächsten Tag gegen 7 Uhr auf die schwierigste Etappe des Trails: den Aufstieg auf den fast 4.200 m hohen Pass Warmiwañuska, was soviel bedeutet wie "tote Frau". Wer wollte, konnte sein Gepäck für 20 Soles (entsprach ca. 7 Mark, derzeit ca. 12 Mark) den Trägern überlassen, die es oben auf ihre ohnehin schon hohen Bündel aufschnallten. Jeder trug jetzt um die 40 kg, obwohl die vorgeschriebene Höchstlast für sie bei 25 kg liegt. Sie verdienen nicht viel für diese irrsinnige Schlepperei - das Entgelt der Reiseleiter liegt bei etwa 30 DM pro Tag und lässt sich am Ende der Tour nur noch mit dem Trinkgeld der Touristen aufbessern. Weil die Knochen nicht mehr aushalten, machen sie so eine Tour in der Regel nur zweimal im Monat. Die jüngsten sind 16, die ältesten um die 60 Jahre alt. Fast alle tragen einfache Gummischlappen.

Wieder marschierten wir zu Beginn alle hintereinander. Als dann nach etwa einer Stunde der Aufstieg begann, riss unsere Gruppe aber bald auseinander. Einige kämpften sich den steilen Weg alleine vor, andere in Zweier- oder Dreiergrüppchen. Es ging stetig aufwärts, meistens über alte Inkastufen unterschiedlicher Höhe. Immer höher kamen wir, bis wir irgendwann ein Plateau erreichten, eine grüne Wiese mit Bach - ein Platz wie geschaffen für einen Rastplatz. Vorangeeilte Träger, die das Kochgeschirr trugen, hatten schon wieder das Mittagessen vorbereitet. Und wieder gab es eine Vorsuppe, Hauptgericht, Obst und natürlich Coca-Tee. Dazu belohnte uns ein herrlicher Blick auf das langgezogene, zum Teil mit Regenwolken bedeckte Tal für das erste anstrengende Teilstück dieses Tages. In der anderen Richtung allerdings konnten wir schon sehen, was uns noch bevorstand: den Warmiwañuska-Pass und den Weg hinauf, der sich im Zick-Zack durch das kahle Gestein schlängelte. Es war noch ein gutes Stück und uns war klar, dass die Luft dort oben zunehmend dünner werden würde. Keine guten Aussichten vor allem für diejenigen in unserer Gruppe, die jetzt schon unter der Höhenluft litten und über Kopfweh und Atembeschwerden klagten. Einigen war sie sogar schon auf den Magen geschlagen. Sie ließen die leckeren Spaghetti Bolognese unangerührt stehen. 

Zwei Stunden Pause mussten zum Kräftesammeln reichen. Und dann ging es steil bergauf. Schritt für Schritt, Fuß um Fuß. Rechts, links, rechts, links, Pause - tief durchatmen. Das Gehen wurde zur Qual. Ich schnappte nach Luft, fühlte regelrecht, wie meine Lungen in der dünnen Luft vergeblich versuchten, sich ausreichend zu füllen. Mein Brustkorb war wie zugeschnürt.

Dazu dieser kalte Wind. Er wurde immer kälter. Trotz der Anstrengung und der Höhensonne fror ich. Die Rucksackriemen brannten mir auf den Schultern. Immer schwerer fühlte ich mich, immer endloser schienen mir die vor mir liegenden Stufen. Ich zwang mich voran. Immer höher- ein Zurück gab es ja nicht. "Bald habe ich es geschafft", redete ich mir ein. Nur noch wenige Schritte, rechts, links... und endlich - ich war oben ! Auf dem Warmiwañuska-Pass, genau 4.198 m über dem Meeresspiegel wie dort ein Holzschild anstelle eines Gipfelkreuzes verkündet. Was brauchte ich ein Schild! Dass es nicht höher ging, war offensichtlich.
Ich genoss den Triumpf über den geschafften Aufstieg und den einzigartigen Panoramablick in die umliegenden Täler nicht lange. Eisiger Wind schnitt mir ins Gesicht und kroch mir in die Kleider. Ein schneller Blick auf die schneebedeckten Gipfel am Horizont, ein Blick noch auf die Wolkenfetzen, die so malerisch über die Berge zogen und sich in die Täler absenkten. Ein Blick auf die ebenso endlos vielen Stufen, die wieder bergab führen - und weiter ging's. Der Abstieg erwies sich als fast noch schwieriger als der Aufstieg. Auf jeden Schritt musste ich mich konzentrieren. Die Beine waren müde, die breiten Stufen uneben und steil. Mir gelang es gerade noch, das Gewicht meines Rucksackes abzufangen - aber die Träger wurden von ihrer schweren Last im Laufschritt an mir vorbei den Berg hinabgetrieben. Endlich - ein Stück weiter unten - war es windgeschützt und warm in der prallen Sonne. Der richtige Platz, um auszuruhen und das Geschaffte wirklich zu genießen - hoch oben in den Anden mit Blick auf mehrere, hintereinander liegende Täler, die Wolken unter mir. Weiter unten konnte ich bereits unser nächstes Nachtlager erkennen. Einige Zelte waren schon aufgebaut.

In der Nacht wurde es sehr, sehr kalt. Es hatte geregnet, leider auch in unser Zelt hinein, so dass mein Schlafsack von außen vereiste. Ich konnte kaum schlafen. Hinzu kam, dass sich unter unserem Zelt und just unter meiner dreckigen geliehenen Isomatte, die bestimmt schon mehrere Inka-Trails hinter sich hatte, ein handtellergroßer, runder Stein versteckt hatte, der mir ein Liegen auf der Matte unmöglich machte. Ich zitterte vor Kälte und tat fast kein Auge zu.

Am nächsten Tag ging es bei strahlendem Sonnenschein den Pass "Punku Marae" hinauf - mit 3.998 m auch sehr hoch. Dieses Mal aber brachten wir den Aufstieg locker hinter uns, unsere Körper hatten sich wohl schon an die Höhe und die Anstrengungen gewöhnt. Wir besichtigten die gut erhaltene, auf einem Felsvorsprung gebaute Inka-Ruine "Sayacmarca" und kamen nach dem Mittagessen in eine langsam sich verändernde Landschaft. Die karge felsige Hochgebirgslandschaft wich immer mehr der üppigen Pflanzenwelt des bergigen Urwaldes mit Kletterpflanzen, blühenden Büschen und Blumen. Die Luft wurde merklich feuchter und wärmer. Bald waren wir mitten in der typischen Vegetationsstufe des "Nebelwaldes". 
Direkt am Weg: vor kurzem entdeckte Inka-Mauern. Sie waren von Moos und vielen anderen Gewächsen so überwuchert, dass wir sie glatt übersehen hätten, wenn uns unsere Reiseleiterin nicht auf sie hingewiesen hätte. Weiter ging`s über einen 3.700 m hohen Pass und viele hundert Stufen bergab, bis wir uns nach nun zwei Tagen Marsch wieder der Zivilisation näherten. Wir zelteten neben der einzigen Jugendherberge, die es auf dem Inka-Trail gibt. Sie war von Machu Picchu-Pilgeren überfüllt. Wer wollte, konnte dort endlich mal wieder duschen - oder aber die nah gelegenen Ruinen von Huiñay Huayna ("forever young") besichtigen. Am Abend verabschiedeten sich die Träger von uns. Festlich in ihre bunten Ponchos gehüllt, ließen sie sich für ihre Dienste applaudieren und mit Trinkgeldern belohnen.
Die Nacht war kurz. Um 4 Uhr morgens schon gab es Frühstück. Mit Taschenlampen bewaffnet und das Gepäck wieder auf dem Rücken zogen wir jetzt unserem Endziel entgegen, nach Inti Punti, jenem hoch über Machu Picchu gelegenen Punkt, von dem aus man einen wunderschönen Blick auf die geheimnisvolle Inka-Stadt haben sollte. Es war neblig, der Weg feucht und steil. Doch die Erwartung, jetzt endlich Machu Picchu sehen zu dürfen, trieb uns zügig voran. Als wir am Inti Punti ankamen, hatte sich jedoch der Nebel eher verdichtet. Enttäuschung in allen Gesichtern. Sollte uns der angeblich so wunderbare Anblick verwehrt bleiben?
Wir warteten eine halbe Stunde, nichts tat sich. Dann plötzlich, riss die Nebelwand für einen Moment auf und gab den Blick auf einen Teil der Häuser von Machu Picchu frei, von morgendlichen Sonnenstrahlen in ein unwirkliches Licht getaucht. Nur einen Moment, dann waren sie wieder hinter der Nebelwand verschwunden. Das kurze Bild - von mystischer unwirklicher Schönheit - hielt uns gefangen. Geduldig warteten wir auf den nächsten Enthüllungsakt. Und wirklich - der Nebel löste sich nach und nach mehr auf. Immer wieder präsentierte er uns kleine, sonnenbeleuchtete Teile der Inka-Stadt, die so lange unberührt von Menschen unter dichter Urwaldvegetation verborgen gelegen hatte.

Machu Picchu

Erst 1911 entdeckte sie der US-amerikanische Historiker Hiram Bingham, nachdem ihm einheimische Indios von alten Ruinen oberhalb des Urubamba-Flusses erzählten. Nach und nach legten Bingham und sein Team immer mehr Häuser frei bis schließlich eine ganze Stadt daraus wurde: Machu Picchu, so genannt nach dem Berg, auf dem sie sich befindet. Welche Bedeutung Machu Picchu besaß, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Seine Entstehung wird überwiegend dem großen Inka-Fürsten Pachamti zugeschrieben, über den Zweck der Stätte gibt es verschiedene Theorien. Nachdem in den über 50 Gräbern zu 80 Prozent Skelette von Frauen gefunden wurden, vermuten Viele, dass Machu Picchu zur Zeit der Eroberung Peru's durch die Spanier als Refugium für auserwählte Frauen diente. Andere meinen, dass die Stadt zu jener Zeit bereits verlassen und vergessen war, denn in keiner Erzählung der Konquistadoren ist sie erwähnt. In jedem Fall zeugen mehrere Tempel aus sauber übereinander gestapelten, detailgenau zurecht geschlagenen Felsbrocken, in deren Zwischenräume nicht einmal ein Blatt Papier passt, sowie die zahlreichen Häuser von der großen früheren Bedeutung Machu Picchu's.

Nachdem der Nebel uns die Sicht auf diese geheimnisvolle Stätte und den dahinterliegenden spitzen Berg Huayna Picchu frei gegeben hatte, machten wir uns an den letzten Abstieg. Ein halber Tag blieb uns, die einzigartige Architektur der Inka zu besichtigen. Wer wollte, konnte sich außerdem noch an die Bezwingung des Huayna Picchu machen, auf den ein Kletterpfad hinauf führt und von dem aus man einen sagenhaften Blick über die Anden und die bewaldeten Berge der selva alta hat. Und sogar hier oben finden sich Reste der typischen terrassenförmig angelegten Felder der Inka.

Den Rückweg nach Cusco legten wir anschließend bequem mit der unterhalb Machu Picchus fahrenden Eisenbahn zurück - um ein unvergessliches großes Erlebnis reicher.

© Fotos Anna van Ghemen

 

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Stand: 04. November 2008 

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