Womöglich
räkele ich mich in den höchst gelegenen Daunenbetten der Welt. Sie befinden sich fast 4000 Meter über Meereshöhe. Vor dem Fenster grasen schwarzbunte
Kühe auf steilen Hängen und in der Ferne leuchtet ein gewaltiges Gletschermassiv in der Sonne, der Apu Salkantay, Perus heiliger und zweithöchster Berg
(6271 Meter). In den Alpen ist bei 2500 Metern Schluss mit grünen Wiesen, in den peruanischen Anden fangen sie auf diesem Level erst richtig an.
Wie unsere Wanderung, die in sechs Tagen von Soraypampa über den wenig frequentierten Salkantay Trail auf alten Inkapfaden gen Machu Picchu führt. Sein
höchster Pass führt in einer Zickzack-Linie an den Eisfeldern des Riesen entlang. Mir wird bei dem Gedanken etwas mulmig, in wenigen Stunden dem Himmel
so nahe zu kommen wie nie zuvor. Zu Fuß jedenfalls. Seit der Ankunft in Cuzco vor einigen Tagen hat sich mein Körper zwar an die Höhe gewöhnt. Aber ob
er mich über knapp 5000 Meter tragen wird, ist die Frage.
Eine gute Entscheidung war auf jeden Fall, diese kleine Expedition bei „Mountain Lodges of Peru“ zu
buchen, dem weltweit einzigen Unternehmen, das seit August 2007 komfortable Öko-Lodges entlang einer Trekkingroute im Hochgebirge betreibt. Da warten am
Ende eines Tages nicht nur knisternde Feuer und bequeme Betten, sondern auch kulinarische Köstlichkeiten und dienstbare Geister. In der Lodge Soraypampa
war zum Empfang bereits der Jacuzzi vorbereitet und der Pisco Sour gemixt. Der weißschaumige Drink ist die peruanische Antwort auf den brasilianischen
Capirinha. Das Getränk sieht harmlos aus, schmeckt nach mehr und haut einen nach dem zweiten Glas regelrecht um. Nicht das schlechteste Mittel gegen die
Schlaflosigkeit, mit der man in diesen himmelnahen Regionen während der ersten Nächte kämpft.
Genau das Gegenteil bewirken getrocknete Cocablätter. Die Andenvölker Perus, die seit Jahrtausenden in dünner Luft Terrassenfelder bearbeiten, kauen sie
als wirkungsvollen Energiespender. Bergführerin Carla verteilt sie vor dem Passaufstieg. |
Die Überquerung des Salkantay Passes entpuppt sich als Kinderspiel. Atemlos macht allein die Szenerie: Feuchtwiesen mit blühenden Kräutern, Felsbrocken in bunten Farben und
graues Geröll. Darüber türmt sich der Gletscher mit seinen Schneemassen. Über allem kreisen Kondore. Wasserfälle plätschern in natürliche Pools. Sie
speisen Rinnsale und Bäche. Es ist Wasser, das viele tausende Kilometer weiter über den Amazonas in den Atlantik fließen wird.
Plötzlich treiben eisige Winde Nebelschwaden vor sich her. Augenblicklich ist nichts mehr zu sehen. Irgendwo im milchigen Weiß schnauben unsere
Packmulis. Pferdeburschen und Köchin bilden die Vorhut. Als wir zwei Stunden später wieder durch wärmere Gefilde marschieren, haben sie bereits einen
Rastplatz ausgesucht und für ein warmes Mahl den Tisch gedeckt. Abends in der zweiten Lodge ahnt man einen weiteren Superlativ: Der höchst gelegene
Pizzaofen der Welt.
Die Am nächsten Morgen machen uns auf den Weg durch einen der letzten unberührten Bergregenwälder
Perus. Der steinige Pfad führt an durch Nebel verhangenen Baumriesen vorbei. In der Tiefe rauscht ein Wildbach. Orchideen und Bromelien schmücken
Astgabeln.
Später ducken sich winzige Gehöfte aus Felssteinen in Mulden. Ihre Bewohner ernähren sich von Mais und Kartoffeln, die sie im Garten angepflanzt haben.
Noch weiter unten wird Obst angebaut. Passionsfrüchte beispielsweise. Man vergisst allzu leicht, dass wir uns in tropischen Gefilden bewegen.
|
|
Machu Picchu |
Später ducken sich winzige Gehöfte aus Felssteinen in Mulden. Ihre Bewohner
ernähren sich von Mais und Kartoffeln, die sie im Garten angepflanzt haben. Noch weiter unten wird Obst angebaut. Passionsfrüchte beispielsweise. Man
vergisst allzu leicht, dass wir uns in tropischen Gefilden bewegen.
Mein persönliches Tourhighlight erreichen wir zwei Tage später, einen Inkatempel, einsam auf einer Waldlichtung mit grandiosem Ausblick auf Machu Picchu.
Bizarre Bergkuppen in dunkelgrün umrahmen die Zitadelle, dahinter türmen sich Gletscher. Allein das 270-Grad-Panorama, das man nur von dieser Stelle
hat, lohnt die Anstrengungen. Im Gegensatz zum berühmten Inkatrail, auf dem sich viele tausend Wanderer buchstäblich auf die Füße treten, genießt man
hier den Blick fast allein.
Mutprobe im Dschungel |
|
Eine Mutprobe in vierzig Metern Höhe |
Wir
brauchen mit dem Schiff eine Stunde bis zur Reserva Amazonica Lodge. Zur Begrüßung drehen rotblaue Aras lauthals kreischend eine Runde unter dem
Blätterdach. Man muss den Kopf tief in den Nacken legen, um die Wipfel zu sehen.
Zu einer echten
Mutprobe entwickelt sich eine Pirsch in vierzig Metern Höhe. Für den „Canopy Walk“ wurden Hängebrücken zwischen den Urwaldriesen gespannt. Ein hölzernes
Gerüst führt nach oben. Von der Aussichtsplattform aus entdecken wir Tukane im Geäst sowie eine Brüllaffenmutter mit ihrem Baby. Und dann heißt es volle
Konzentration auf die vom Regen glitschigen Planken.
Die nächsten
200 Meter entpuppen sich als die wohl längsten meines Lebens: Die Brücken schwanken, die Stahlseile zum Festhalten schneiden in die Hände, und durch die
Sicherungsnetze saugt sich der Blick unwillkürlich in der Tiefe fest. Nach dem Adrenalin schweren Wipfelabenteuer jagen uns die Kaimane, Schlangen,
Tarantullas und giftigen Frösche, die der Wanderführer später, auf einer nächtlichen Exkursion im Lichtkegel seiner Taschenlampe zeigt, schon gar keine
Angst mehr ein.
Ein erstes
Kitzeln der Sonnenstrahlen und ein stimmgewaltiger Chor von Vögeln reißt uns am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Das heutige Ziel heißt Sandoval, eine
Lagune im Naturschutzgebiet von Tambopata. Wir setzen zunächst ein paar Kilometer flussaufwärts zum anderen Ufer des Rio Madre de Dios über. In der Ferne
droht eine düstere Wolkenwand. Gut, dass wir Regencapes dabei haben.
Während des
drei Kilometer langen Marsches durch den Urwald hält das Wetter. Bunt blühende Helikonien säumen den Weg, setzen purpurrote und goldgelbe Tupfer ins
dichte Grün. Kaum aber stechen wir im schweren Holzkanu auf den See hinaus, erwischt es uns kalt. Heftige Böen peitschen über das Wasser, lassen die
Baumkronen rauschen, und Regen prasselt herab, als ob der liebe Gott seinen Pool ausgeschüttet hätte.
Der Wind treibt
uns vom Ufer weg. Jaguar, Tapir und Papageien ade, wir müssen alle Kräfte mobilisieren, um wieder festen Boden unter den Füßen zu erreichen. Von fest
kann allerdings keine Rede mehr sein. Der beschauliche Dschungelpfad hat sich binnen Kürze in eine grüne Hölle verwandelt. Wir schlingern durch
knöcheltiefen Matsch und waten durch kniehohe Pfützen. Der kühle Regen hat sich längst einen Weg unter das Cape gebahnt.
Bis auf die
Haut durchnässt, friert man sogar in den Tropen. Glücklicherweise haben wir noch die warmen Pullover von unserer Trekkingtour dabei. Dass sie uns zwölf
Breitengrade unter dem Äquator im Urwald gute Dienste leisten, wird uns später niemand glauben.
|
Tipps & Informationen |
Anreise: Mit LAN über Madrid oder mit KLM über Amsterdam nach Lima. www.lan.com,
www.klm.com ;
In Peru: Das Streckennetz von Lan Peru, Star Peru oder Aero Condor ist gut ausgebaut, die Flüge günstig, beispielsweise Lima-Cusco etwa 100 Euro,
Cusco-Puerto Maldonado 50 Euro.
Veranstalter für Rundreisen in Peru: GeBeCo-Reisen, www.gebeco.de;
Wandertour über den Salcantay Trail: Die Sechs-Tage-Tour mit „Mountain Lodges of Peru“ kostet von Cuzco bis Aqua Calientes am Fuße des Machu Picchu pro
Person im DZ inklusive Transfer, Guide, Packpferde, Verpflegung 895 US-Dollar,
www.mountainlodgesofperu.com; der Besuch des Machu Picchu ist nicht inbegriffen. Von Aqua Calientes fahren halbstündlich Busse hinauf. Übernachtung
auf dem Machu Picchu ist im attraktiven „The Sanctuary“ möglich, www.orient-express.com;
Wohnen im Urwald: Die exklusive Öko Lodge „Reserva Amazonica“ bietet diverse 3-Tages Packages ab 1040 Dollar;
www.inkaterra.com
|
|