CariLat-Karibik-Lateinamerika-Magazin     Der schnelle Schnitt zum Körperglück

Von Carl D. Goerdeler, Rio de Janeiro

Seriösen Schätzungen zufolge dürfte es in Brasilien mehr Schönheitschirurgen geben als
Gerontologen. Die medizinische Korrektur am Erscheinungsbild der eignen Person trägt in
Brasilien zum weltweit größten Markt der Eitelkeit bei. Der schnelle Schnitt zum vermeintlichen Körperglück sei in der Ober- und Mittelklasse bei Frauen und Männern fast schon so selbstverständlich wie der Gang zum Coiffeur geworden, bemerkt das brasilianische Nachrichtenmagazin "Veja".
Die Statistik untermauert das: Nach Auskunft der brasilianischen Gesellschaft für plastische Chirurgie haben sich im abgelaufenen Jahr 350.000 Personen einer kosmetischen Operation unterzogen. Mit 207 Eingriffen pro 100.000 Einwohner hätte damit Brasilien die USA (185 Schönheitsoperationen auf 100.000 Einwohner) überholt und Länder wie Deutschland oder England (40:100.000) längst abgehängt. 3.500 Spezialisten für korrigierende Chirurgie praktizieren in Brasilien (USA: 5.000), und Rio de Janeiro wie Sao Paulo sind Hochburgen der plastischen Chirurgie, zu denen mehr und mehr auch ausländische Jünger des Gewerbes strömen.

Dass ausgerechnet im "Schwellenland" Brasilien die kosmetische Chirurgie expandiert, ist bemerkenswert. Am Geld kann es nicht allein liegen, denn das brasilianische Durchschnittseinkommen beträgt nur ein Bruchteil des amerikanischen - allerdings sind in Brasilien gleiche Eingriffe wie in den USA um ein Drittel billiger.

Vor zehn Jahren waren es gerade 60.000 Personen, die ihre Nase richten, den Busen heben, verkleinern oder vergrößern und sich Pfunde von Speck absaugen ließen. Inzwischen gehört ein Drittel der Kundschaft zum männlichen Geschlecht, und Jugendliche unter 18 Jahren machen immerhin 13 Prozent der Klientele aus. Alle diese Zahlen beziehen sich auf rein kosmetische Eingriffe - nicht etwa auf eine etwa durch Unfall verursachte notwenig gewordene rekonstituierende Chirurgie.

Allein der Modearzt und Guru der ganzen Branche, Doktor Ivo Pitanguy, registriert in den letzten Monaten einen Anstieg brustumfangsuchender Damen von über 20 Prozent. Seine Kollegen melden ähnliche Zuwächse im anhaltenden Busenboom. Und die Implantate-Fabrik Silimed aus Rio de Janeiro, die jene Silikon-Polster praktisch ganz allein in Brasilien herstellt, verzeichnet einen Umsatzzuwachs von 15 Prozent im Jahr 2000.

Ewige Jugend, erotische Ausstrahlung und die schnelle Beseitigung von vermeintlichen
Körperdefekten sind - in dieser Reihenfolge - die Wünsche der Kunden. Dass bei jedem fünften Opfer der kosmetischen Chirurgie auch mit Fasten und Gymnastik das gleiche Ziel erreicht werden könnte, steht auf einem anderen Blatt. Doch die Brasilianer suchen wie in finanziellen Dingen auch im Bereich der Ästhetik die Abkürzung vom beschwerlichen Weg. Und außerdem - die "gute Figur", das propere Aussehen und der äußere Schein sind im körperbewussten tropischen Brasilien wohl wichtiger als im kalten Europa, in dem die Menschen dicke textile Schalen tragen.

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Stand: 15. May 2002
 

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