Indianerschule in Venezuela

Von Susanne Asal

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Touristen in traditionelle indianische Siedlungsgebiete zu führen, ist ein konfliktreiches Unternehmen, das der Reiseveranstalter nicht banalisieren kann. Mögen Urlauber den Wunsch verspüren, fremde Kulturen zu besichtigen, die Sorgfaltspflicht, wie und in welchem Ausmaß dies zu organisieren ist, obliegt immer ihm. 

Dass Reisen bildet und Vorurteile abbaut, gehört zu den Hoffnungen, die nicht nur die Tourismusbranche hegt, aber sie hat sich dieses Mäntelchen schnell übergestreift, wenn es darum geht, die interkulturellen Begegnungen, die sie anbietet und verwaltet, gegen Kritik zu rechtfertigen.

 

Gut, glauben wir einfach einmal daran und denken in die andere Richtung. Die Reiseveranstalter könnten ja etwas dafür tun, dass die Besuchten von den Besuchern profitieren und die Begegnung nicht in eine Einbahnstraße mündet. Die Betreiber der Orinoco Delta Lodge in Venezuela und der Reiseveranstalter Sky Limit beispielsweise, der die Bungalows dieser Lodge für seine Gäste bucht, haben sich zusammengesetzt und überlegt. 

Heraus kam der Plan, eine Schule zu gründen. Denn eine Schulbildung auf Spanisch, finden sie, bereitet die Warao besser auf die Konfrontation mit der venezolanischen Lebenswelt vor, die seit den Erdölfunden im Delta immer mehr in die Region einsickert.

Das Recht auf Schulbildung hat in Venezuela jedes Kind. Nur ob es in den Genuss davon kommt, steht auf einem anderen Blatt. Das Delta des Orinoco, immerhin fast so groß wie Baden-Württemberg, ist das traditionelle Siedlungsgebiet der Warao, die mit etwa 25.000 Mitgliedern die zweitgrößte indianische Ethnie in Venezuela sind. Sie leben an den verzweigten, unzähligen Wasseradern auf Stelzenbauten. 

Verbindungen über Land existieren in diesem schwimmenden Reich fast überhaupt nicht, die Warao bewegen sich in ihren Einbäumen fort. Sie leben nicht in Dörfern oder Gemeinden zusammen, sondern siedeln in ihren Clans am Wasser. Damit tauchen schnell die ersten Fragen auf. Wo baut man überhaupt eine Schule, wie kommen die Kinder dorthin?

 

An der zweiten scheint die staatliche Schule gescheitert zu sein, denn sie schloss ihre Pforten, nachdem sie nur unregelmäßig geöffnet hatte. Die Orinoco Delta Lodge und Sky Limit setzen dafür einfach die Motorboote ein, die nicht für Touristenfahrten gebraucht werden. Das Schulessen bereitet der japanische Koch der Lodge, bevor er sich ans Touristenfrühstück macht. Jeden Morgen klemmt sich Viktor mit den Töpfen hinters Steuer und holt die Kinder zur Schule ab, mittags bringt er sie zurück und nimmt die älteren mit.

Als die Betreiber von ihrem Projekt, eine Schule zu bauen, wissen ließen - die Nachricht verbreitete sich ausschließlich über Mundpropaganda - hatten sie sich vorgestellt, etwa 30 bis 40 Schüler zwischen vier und zehn Jahren aufzunehmen, die sie in zwei Gruppen unterrichten wollten, doch die Resonanz war weitaus größer. Das ist natürlich durchaus erfreulich, hat die Organisatoren aber vor einige Probleme gestellt, denn dafür reichen die Mittel kaum. Die ausgesprochen engagierte Erzieherin Jolly aus Tucupita, keine Warao, die aber jetzt die Sprache der Warao lernt, ist für den Unterricht von Erwachsenen nicht ausgebildet und holt sich gewissenhaft Nachhilfeunterricht, auch für die Kleinen, die behindert sind. Auf dem Lehrplan stehen nicht nur Spanisch, Rechnen und Schreiben, sondern beispielsweise auch traditionelle Warao-Fertigkeiten wie das Sammeln und Einsetzen von Medizinalkräutern.

Die Improvisation darf indes kein Zustand auf Dauer werden, finden alle. Man braucht ein zweites kleines Klassenzimmer und eine weitere, für den Erwachsenen-Unterricht ausgebildete Lehrkraft. Das, was ursprünglich beabsichtigt war, können Sky Limit und die Lodge finanziell meistern, aber das Projekt zu verbreitern, so, wie es jetzt sinnvoll und nötig wäre, das können sie nicht. Deswegen bieten sie Interessierten an, ihre Webseite zu besuchen und das Projekt mit einer Spende zu unterstützen.

Für Spenden aus Deutschland haben sie folgendes Konto eingerichtet: Dresdner Bank Lateinamerika, BLZ 20080100, Kontonummer 47947001, zu Händen Fina Granat (Email), Verwendungszweck: Indianerschule.

Web Page http://www.orinocodelta.com/school.htm

 

 


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Stand: 09. May 2002
 

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