Mit dem «Bike» auf historischen Sklaven-
                             und Mühlen- Pfaden in Tobago

Von Bernd Kubisch

Für Motorrad-Enthusiasten hat die Karibik mehr als türkisblaues Wasser, Kokosnusspalmen, Reggaemusik und Pina Colada. Die fahren auf einer Harley Davidson oder anderen »heißen Öfen» über geteerte Straßen durch den Regenwald Puerto Ricos oder durch Berge und Savanne zum großen Salzsee in der Dominikanischen Republik. Wer es wilder will, kann auf Geländemaschinen staubige Pfade, Flüsse, Wüstensand, Plantagen und Kakteenwälder durchqueren, zum Beispiel auf Aruba, Barbados und Guadeloupe. In Kuba benötigt das Reisen auf zwei Rädern mehr Zeit. Motorbikes sind für Touristen (noch) nicht zu mieten, nur Fahrräder und Mopeds.

Wer auf Tobago auf alten Sklavenpfaden durch Wildnis und Dschungel versteckte Zuckermühlen erkunden will, der sollte einige Praxis haben und Dreck und Schlammspritzer vertragen. Dafür sieht er Landschaften und Historisches, wie es kaum ein Reiseführer beschreibt. Ricarda Solomons blonder Schopf, der unter dem Helm hervorlugt, ist immer an der Spitze der «Biker»-Gruppe. Die 55jährige, «Rici» genannt, stammt aus Frankfurt am Main und ist seit über 20 Jahren Insulanerin: «Ich fahre immer vorn und gebe das Tempo vor, sonst wird gehetzt, oder die Jungs halten in den Dörfern und schwatzen mit den hübschen Mädchen.»

In diesem Moment ist von der zehnköpfigen Gruppe vollste Konzentration gefordert. Es geht durch einen rauschenden Bach. Rici gibt die Tipps in Deutsch, der 22 Jahre alte Anthony auf Englisch. Er gibt gefühlvoll Gas und «hüpft» ohne Schlenker und ohne die Stiefelspitzen aufzusetzen durch Wasser und über Kiesel. «Passt auf die kleinen Steine auf», ruft er von der anderen Seite des Ufers. Jeder schafft die knapp zehn Meter breite Durchquerung. Kurz vorher hatten einige der überwiegend deutschen Urlauber ein erfrischendes Bad im kleinen Mount St. George Wasserfall genommen.

Hier ist auch die größte und am besten erhaltene Zuckermühle der kleinen «Schwester»-Insel des Doppelstaates Trinidad und Tobago zu sehen, der 1962 von Großbritannien unabhängig wurde. Trinidad hat den berühmtesten Karneval in der Karibik, Erdgas und Erdölverarbeitung sowie viele Vogel- und Nationalparks. Tobago, wo nur 50 000 der insgesamt 1,3 Millionen Einwohner leben, hat dafür die schöneren Strände, auch Regenwälder, Berge, Forts und Fischerdörfer. Etwa 120 Zucker-Plantagen, von Schotten und Engländern betrieben, gab es früher allein auf Tobago.

»Alle Zuckermühlen wurden etwa zwischen den Jahren 1 700 und 1 800 gebaut. Sie hatten ihre eigene Rumproduktion. Rum und Rohzucker wurden zur Veredelung nach London und Glasgow geschifft», erzählt Rici. Oben am Wasserfall der Mühle «Mount St. George Sugarworks» ist eine Staumauer. Die leitete das Wasser durch einen Kanal zur Mühle auf das riesige eiserne Wasserrad. Das trieb die Eisenwalzen an, die das Zuckerrohr zerquetschten. Bei der alten Mühle gab es auch eine Schmiede und ein Sklavendorf. Andere Mühlen wurden mit Dampf, Wind und von Zugtieren betrieben.

Beim nächsten steilen Anstieg, der nach einem Regenguss verschlammt ist, müssen Anthony und Mechaniker Kevin helfen. Die Schwarzen fahren die Enduro eines Berliners nach oben und richten die Geländemaschine eines Österreichers wieder auf. Keine Blessuren, nur verdreckte Klamotten. Keiner der «Profis» lacht über die «Amateure».

Der Belmont Trail ermöglicht erholsames Fahren durch Bambuswälder. Bei «Alma» wird ein kurzer Abstecher gemacht: Die Kupplung des großen Rades dieser Mühle hängt über den Köpfen der «Biker». Wie über einen grünen Teppich geht es weiter nach Runnimede, an der Strecke viele
Lebensbäume, auf denen Tilanzien und Bromelien wachsen. Dann folgen Kakaoplantagen und «New Runnimede Sugarworks», einer früher mit Dampf betriebenen Mühle. Alle Rohre liegen noch hier. Auf Ruinen stehen noch kleine Dekorationsväschen im Jugendstil. Von einem nahen Berg ist die Aussicht herrlich bis zur kleinen Hauptstadt Scarborough. Auf dem Rückweg noch ein Halt am Aquädukt, dem einzigen der Insel. Es wurde um 1800 von Sklaven gebaut. In der Öffnung, wo früher das Wasserrad war, hängen und flattern kleine Fledermäuse mit durchsichtigen Flügeln.

Wer weniger Lärm macht und durch Tobago wandert, der sieht auch mehr von der Tierwelt, darunter Papageien, Kolibris, Schildkröten, Leguane und am Meer viele Pelikane. Die Straßen in den Norden nach Roxborough und Charlotteville sind oft steil, eng und kurvig. Beliebte Ausflüge führen auch in das Tobago Forest Reserve und zur Vogelinsel Little Tobago. An die Schlachten der Kolonialmächte um Tobago erinnern Reste alter Befestigungen wie Fort Milford, Fort King
George und die Bloody Bay.

INFO-KASTEN:

Preise und Tipps:
Die Zuckermühlen-Tour auf Sklavenpfaden kostet 60 US-Dollar (umgerechnet rund 116 Mark). Wer individuell auf dem Motorrad die Insel erkunden will, kann «Bikes» bei Handel Anthony sowie bei der Baird Company am Flughafen für etwa 25 US-Dollar pro Tag oder 150 pro Woche mieten. Einfache Zimmer gibt es auf der Insel bei Einzelbelegung ab 28, bei Doppelbelegung ab etwa 16-US Dollar pro Person. Außer im Hotel «Coconut» von Rici sind bei Touristen und Bikern zum Beispiel auch das «Serenity Apts» und das «Crown Point Beach Hotel» direkt am Meer beliebt.

Nach Tobago fliegen von Deutschland Condor und via London British Airways, von dort auch BWIA, die Fluglinie des Karibikstaates. Zwischen Tobago und Trinidad verkehren Flugzeuge täglich. Hin- und Rückflug kosten etwa 45 US-Dollar. Visum und Impfung sind nicht nötig. Im Sommer ist es sechs Stunden später als in Deutschland, im Winter fünf.

Motorradtouren und Übernachtung: Ricarda Solomon, »Coconut Inn» - Store Bay Local Road, Bon Accord, Tobago, West Indies (Tel.: 001/868/639 84 93, Fax: 001/868/639 0512, E-Mail: coconut@tstt.net.tt  ) .

Motorradverleih: Handel Anthony (Tel.: 001/868/639 83 81) sowie Baird Company, Airport Tobago (Tel.: 001/868/639 70 54).

Übernachtung: «Serenity Apts», St. Canaan, (Tel. und Fax: 001/868/639 07 53) und »Crown Point Beach Hotel»(Tel.: 001/868/639 87 81,
Fax: 001/868/639 87 31).

Allgemeine Informationen: Fremdenverkehrsamt Trinidad und Tobago, c/o Basic Service Group, Am Schleifweg 16, 55128 Mainz (Tel.: 06131/993 30, Fax: 06131/993 31, 

E-Mail: BasicServiceGroup@compuserve.com  

Erschienen 2002 bei gms 

 


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Stand: 05. April 2009  

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