Im
kleinen Inselreich St. Vincent und auf den Grenadinen leisteten einst die
Ureinwohner erbitterten Widerstand gegen die Eindringlinge aus Europa.
Heute verbringen hier Ökotouristen, Wassersportler, aber auch Prominente
wie Mick Jagger und Prinzessin Margret ihre Ferien. Sie und andere Leute
mit Geld haben ein Haus auf der Mini-Insel Mustique. Hoteliers und
Aussteiger aus Deutschland schätzen besonders die Reize von Bequia, eine
Fährstunde von der Hauptinsel St. Vincent entfernt.
Die
Natur des Inselreichs ist vielfältig: Naturparks mit seltenen Papageien,
dichter Regenwald, Wasserfälle, vulkanisches Gebirge, gute Tauch- und
Segelgründe, Strände mit hellem und mit dunklem vulkanischem Sand. Hinzu
kommen freundliche Menschen, karibisches Treiben mit bunten Märkten, viel
Ruhe und wenig Kriminalität. Es gibt kein für Touristen künstlich
kreiertes Nachtleben mit Casinos und Vergnügungszentren. Dafür Karibik
pur: Besonders am Wochenende wird in einigen Diskotheken in und nahe der
Hauptstadt Kingstown bis zum Sonnenaufgang nach Calypso- und
Reggae-Rhythmen getanzt.
Die
frühere britische Kronkolonie, seit 1979 selbständig, hat knapp 110 000
Einwohner und gehört zu den Kleinen Antillen. Von etwa 1 300 Meter hohen
Bergspitzen gibt es gute Sicht auf Nachbarinseln wie St. Lucia, das unter
anderen Condor von Deutschland per Charter und British Airways (BA) via
London per Linie anfliegen. «Inselhüpfer» mit Propellerantrieb von
regionalen Linien wie LIAT verbinden St. Vincent mit St. Lucia in 20 und
mit Barbados in 35 Minuten. Nach Barbados fliegen LTU, Condor und BA.
St.
Vincent und die südlich gelegenen viel kleineren Grenadinen, deren
Inselchen sich wie Perlen aneinanderreihen, eignen sich auch für
geschichts-interessierte Urlauber: Am Nordostzipfel von St. Vincent in den
Dörfern Sandy Bay Village, Owia und Fancy leben noch ein paar Nachfahren
der indianischen Ureinwohner, der Kariben.
Eric
Rodriguez tritt mächtig auf das Gaspedal. Der Fahrer des Minibusses hat
wie an jedem Morgen etliche Schulkinder im Auto, alle in schmucken
Uniformen, alte britische Tradition. Der Bus startet am Busbahnhof in der
Hauptstadt Kingstown. Es geht vorbei am kleinen Airport, am Indian Bay
Beach und anderen Buchten über kurvige Straßen immer entlang der
rauheren, dem Ozean zugewandten Windward-Seite.
Nach
knapp einer Stunde ist Endstation in Georgetown. Hier kassiert Rodriguez,
der in den siebziger Jahrten als Soldat in Deuschland stationiert war,
2,50 Ostkaribische Dollar (EC), gut 1,50 Mark.
Mit
einem anderen Wagen geht es weiter in Richtung Norden. Die Straße wird
schlechter. Der Bus fährt vorbei an schmucken Holzhäusern,
reparaturbedürftigen Hütten und passiert einen Lkw hoch beladen mit
Pfeilwurzeln, aus denen unter anderem Baby-Nahrung hergestellt wird. Stopp
an der Schule von Sandy Bay Village. Lachende Kinder während der Pause.
Es gibt hier kein Restaurant, aber Charly Child hat in seinem Laden neben
der Schule Eier, Brot, Tomaten und Kaffee. Wenn Gäste ein Frühstück
wollen, serviert der 72jährige am einzigen Tisch, dem in der guten Stube.
Childs
Freund Herbert Baptiste ist ein Nachkomme der «Schwarzen Kariben».
Während die indianischen Caribs von den britischen Eindringlingen
überhaupt nichts hielten, waren die überlebenden Sklaven von einem
Schiffsunglück vor der Küste willkommen. «Das war Ende des 17.
Jahrhunderts. Caribs und Schwarze lebten friedlich zusammen und mischten
sich», erzählt Baptiste. Nach blutigen Schlachten besiegten die Briten
die «Schwarzen Indianer» 1797 und deportierten die meisten nach
Honduras.
Die
Insel hat auch einen Vulkan: Der Soufriere ist ein beliebtes Wanderziel.
Für unermüdliche Kraxler gibt es auch einen Pass in den Krater hinein.
Lohnende Ausflugsziele am Rande der Hauptstadt sind das Fort Charlotte
sowie der Botanische Garten mit Archäologischem Museum. In dem 1763
gegründeten Garten werden Erinnerungen an den Abenteuerroman und Film
«Meuterei auf der Bounty» wach. Auf einer seiner späteren Reisen hatte
Captain Bligh im Jahre 1793 aus der Südsee Setzlinge des Brotfruchtbaumes
auf die westindischen Inseln und nach St. Vincent gebracht. Ein riesiger
alter Baum, der von diesen Setzlingen stammt, ist heute
Touristenattraktion.
Von
der Anlegestelle in Kingstown fahren Bananendampfer, andere Frachtschiffe
und die Fähren ab. Von hier aus ist es nah zum Markt in der Bay Street.
Gute Fotomotive bieten auch etliche alte Häuser der Kolonialzeit aus
Bruchstein, Straßenszenen mit ambulanten Händlern sowie die St. George's
Kathedrale. Auf der eine Fährstunde entfernten Insel Bequia haben noch
alte Berufe Tradition, leben auch Bootsbauer und Fischer. Im Hauptort Port
Elizabeth sitzen Touristen in Cafes der mit Gingerbraed-Schnitzereien
verzierten Holzhäuser und blicken auf die Bucht mit den vielen Jachten.
Im Ort verkauft ein Aussteiger aus Stuttgart sein selbstgebackenes
Vollkornbrot.
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