HOMEVon schwimmenden und versunkenen Krokodilen

Belize - eines der Kernländer der Maya-Kultur - sieht sich auch als "Ökologisches Reiseziel des 21.Jahrhunderts"

Von Gesine Froese

 Hafen von Belize City 

Zum Charme schräger steinbeck`scher Idyllen voller Lebenskünstler gehört zweifellos ein herzerwärmendes Klima, das den Mangel an Luxus vergessen lässt. Dim, ein ergrauter Maya von kräftiger Gestalt wie ein japanischer Ringer, scheint ihn jedenfalls nicht zu vermissen. In einem unaussprechlichen Chaos von Sperrmüll-Möbeln mit vergilbten Familienfotos, zerlesenen Zeitungen, unabgewaschenen Tellern und Kaffeetassen und in Plastikeimern gepflanzten Azaleen liegt er ruhig in seiner Hängematte. 
Sie ist sein Bett im schon am Morgen ofenheissen Dachgeschoß seines Hauses in Belize City.  

Draußen dümpelt der Haulover Creek träge vor sich hin. Ab und zu, wenn wieder Männer in Booten auf dieser einst wichtigsten Verkehrsstraße der Stadt zum Fischen aufs Meer rausfahren oder, um Besuche auf einer der vorgelagerten Inseln zu machen, dann schwappen schwache Wellen an die Holzwand von Dim`s Haus. Musik in Dims Ohren. "Das müßte jetzt John sein", meint er versonnen, als die Außenwand wieder scheppert, "der ist um diese Zeit immer unterwegs".
Belize City.. ist sein großes Dorf. "Die heimliche Metropole vom Ende der Welt", zitiert er belesen Aldous Huxley . . Der Schriftsteller aus Kalifornien erfand für Belize diese heute für das Land so schmeichelhafte Bezeichnung: "Ende der Welt".

Daß man es heute ganz modern mit Jets erreichen kann, sei ihm verziehen. Die Urlauber setzen auf dem modernen Internationalen Flughafen in Ladyville bei Belize City auf und können gleich dort oder auf dem Municipal Airport in Belize City in kleine sechs- oder achtsitzige Maschinen umsteigen, die dann zu den überwiegend amerikanischen Luxushotels auf den einsamen Inseln oder im Urwald oder den sanften Bergen von Belizes Hinterland weiter fliegen.

Die Amerikaner haben ein besonderes Verhältnis zu dieser kleinen englischsprachigen Enklave im ansonsten lateinamerikanischen Mittelamerika. Ihnen gehören hier die verwegensten und luxuriösesten "Resorts". 

Auto-Flussfähre bei Santa Elena

Die "Chan Chich Lodge", erbaut in einer Maya-Ruine, liegt so versteckt, daß man sie in der Regenzeit nur mit Kleinflugzeug erreichen kann, weil die Zugangsstraßen dann vor lauter Überschwemmungen unpassierbar sind. Um zum Blockhaus "Blancaneaux Lodge, dem Ferienspielzeug des Filmregisseurs Francis Coppola zu gelangen, das geradezu idyllisch an einem gurgelnden Bach im Pinienwald der Mountain Pine Riege liegt, muss man erst mal das halbe Land durchqueren und dann noch ein gutes Stück über staubige Pisten fahren.

Eine Amerikanerin richtete den Belize Zoo ein, in dem man neben dem Wappentier Belizes, dem Tapir, auch aus nächster Nähe halbzahme Jaguare betrachten kann, dieses von den alten Maya so hoch verehrte Tier, dem in Belize außerdem das in der Welt einzige Reservat eingerichtet wurde.

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Ix Chel Farm -go
Eine Amerikanerin schuf auch eine zweite große Touristenattraktion im Land, die bereits in den Nachbarstaaten Schule macht: Die Ix Chel Farm am Flussufer des Macal Rivers mit ihrem Urwaldlehrpfad voller beschrifteter Pflanzen. Daneben verkauft sie in kleinen Fläschchen heilsame Essenzen aus Urwaldkräutern-, Rinden- und Wurzeln. Die Rezepte verriet ihr ein hochbetagter indianischer Medizinmann aus dem Dorf San Antonio.

Nur im wilden tiefen Süden des Landes, da sieht man Amerikaner noch wenig: im Grenzort Punta Gorda zu Guatemala. Um ihn auf dem Landweg von Belize City.. zu erreichen, muss man eine zehn - bis zwölfstündige Busfahrt über staubige oder schlammige rote Küstenstraße absolvieren. Mit den kleinen Propellermaschinen dagegen ist man in einer Stunde drunten. Während des Flugs kann man dabei gleich einen wunderbaren Blick auf die zerschlissene Küste von Belize werfen, das alle früher nur als "Moskito-Coast" kannten. So nannte denn auch Paul Theroux sein zum Teil auch in Belize verfilmtes Buch (Filmplakat).

Belizes Kapital ist heute, dass es früher keiner mochte. Nicht einmal die Spanier: zu viele Sümpfe mit zu vielen Moskitos, zu viele kriegerische Indianer - und vor allem kein Gold. Und so konnte sich ein verlorenes Häufchen britischer Seeleute einnisten. Sie fanden ihr neues Quartier zwar die "Hölle", wie so mancher alter Ortsname mit dem Beinamen "hell" heute noch verrät, aber sie fanden im Überfluss Mahagoni. Afrikanische Sklaven als kostenlose Holzfäller waren schnell von Jamaica rübergeholt. So begann die Geschichte Belizes mit der damals recht üblichen Art "illegaler" Besetzung spanischen Lands.

Verglichen mit dem rasanten Fortschritt anderer Länder, hat sich in Belize seit damals nur wenig geändert, abgesehen davon, dass die einst kriegerischen Indianer heute durch die demokratische Gesetzgebung des jungen Staats befriedet sind. Es gibt zwar inzwischen zwei asphaltierte "Highways", die den Norden und den Westen notdürftig "erschließen", und neben Belize City und den ehemaligen Holzfällercamps ein paar neue Orte wie Orange Walk oder Corozal, das im vorigen Jahrhundert Flüchtlinge aus Mexiko gründeten, oder Blue Creek und Spanish Lookout, wo sich die deutschstämmige Mennoniten niederließen. Mit ihren jeweils höchstens 10 000 Bewohnern fallen sie als Horte der Zivilisation jedoch kaum ins Gewicht.

Gemälde Garifuna-Künstler B.Nicholas

Insgesamt zählt Belizes Bevölkerung nur 230000 multikulturelle Einwohner, zu denen auch Hongkong-Chinesen, Libanesen oder die ursprünglich von der Karibikinsel St.Vincent stammenden Garifuna-People gehören. Das ist nicht einmal die Einwohnerzahl einer mittleren deutschen Großstadt. Und da in Belize City allein schon 90 000 wohnen, bleibt im restlichen Belize, das etwa der Größe Mecklenburg-Vorpommerns entspricht, ausreichend Platz.

 

 

 

Wenig Menschen, also viel Natur. Belize hat seine Chance erkannt und steuert nun sein Ziel an, die "Ökologische Destination des 21. Jahrhunderts zu werden. Zahlreiche Naturschutzparks gibt es schon. Und sie brachten ihm schon den Ruf ein, "der größte Zoo der Welt" zu sein. Fast jeder Park bietet ein "Besucherzentrum", das mit seinen ordentlich beschrifteten Gläsern mit Schlangen in Spiritus, präparierten Vögeln und Tierskeletten stets an Heimatmuseen erinnert, die aus Dorfschullehrersammlungen entstanden.

Oft stehen da guides bereit, die je nach Trinkgeld-Höhe zu "Geheimstellen" führen, wo es dann die häufigen schwarzen Brüllaffen in den Baumwipfeln zu sehen gibt oder, wie im einzigen Jaguar-Schutzgebiet der Welt, an den Bäumen Kratzspuren der Großkatze, die so ihr Revier markiert.

Xunantunich

Die Führer kennen auch die mitunter verschlungenen Wege zu den weniger bekannten unter den rund 500 Maya-Ruinenstätten von Belize. Zum Teil sind sie noch gar nicht freigelegt und prägen die Landschaft mit ihren überwucherten Tempeln. Belize gehört zum Kernland der Maya-Kultur, und im Süden des Landes hinter Punta Gorda ist es bis heuteüberwiegend von den Nachkommen der Maya besiedelt.

Sensationelle Funde wurden in der nur über mehrstündige Anfahrt erreichbare Ruinenstadt "Caracol" gemacht. Die größte Überraschung war der Fund einer Stele, die den Sieg Caracols über Tikal (berühmte Maya-Stadt im nahen Guatemala) beschrieb.
Wer sich für Archäologie bislang wenig begeisterte, wird spätestens während der Bootsfahrt zur verwunschenen Ruinenstätte Lamanai (übersetzt : versunkenes Krokodil) auf den Geschmack kommen. Eine Stunde lang geht es durch die Seerosenfelder und vorbei an der urwüchsigen Ufervegetation des New Rivers, aus dem so mancher Wasservögel aufgeschreckt aufflattert und mit Glück auch ein Krokodil zu sehen ist. Tiere, die in der Magie der alten Maya tragende Rollen spielten. Der New River war ein alter Handelsweg der Maya. Er durchfließt das Land quer bis zur Mündung in die Karibik bei Corozal, wo mit Cerros, Santa Rita und Chetumal (schon auf mexikanischer Seite) die Handelspartner derer von Lamanai lebten.

Immer lockt in Belize für eine Erholungspause von Naturabenteuer und Ruinenbesichtigung die vorgelagerte Inselwelt des Barrier Reefs, das sich über die ganze Länge von Belizes erstreckt und das zweitgrößte Riff der Welt nennen kann. Es ist vor allem ein erstklassiges Revier für Taucher mit so weltberühmten Tauchspots wie dem Great Blue Hole, einer kreisrund eingestürzten Unterwasserhöhle, die erster Jacques Cousteau erforschte.

Auch Hemingway`s Lieblingssport, das Hochseeangeln, üben heute hier seine Landsleute mit Begeisterung aus. Sie rücken vornehmlich von der Insel Ambergris, aber auch von der Langustenfischer-Insel Caye Caulker in Scharen mit ihren Angelrouten bewaffnet, aufs Meer hinaus.

Ambergris Caye bietet - gefolgt von Placencia am gleichnamigen Strand - einen Hauch konventionellen Karibikflairs. Das hübsch von Palmen beschattete Barfuß-Paradies ist eng mit weißen Holzhäuschen und etlichen ansprechenden "Resorts" auf Korallensandgrund erbaut. Und da man sich diesen sogar in den Restaurants durch die Zehen rinnen lassen kann, vermisst ihn kaum ein Urlauber draußen am Wasserrand, wo er denn auch im Gegensatz zu Placencia keinen nennenswerten Strand bildet. Dafür gibt es jede Menge Bootsstege, die am Ende zum Sprung ins tiefere und algenfreies karibische Wasser ermöglichen.

Und immer wieder kommt man zurück nach Belize City, den großen Verkehrsknotenpunkt im Land. Ein letzter Spaziergang vorbei an "modernisierten" Pfahlhäusern, deren Untergeschosse heute statt des Stalls für die Tiere billige Fremdenzimmer Bars oder Läden füllen. Die alten Sandstraßen sind mittlerweile größtenteils asphaltiert, das alte Marktgebäude ist durch einen gefliesten Betonbau nach Art amerikanischer Shoppingmalls ersetzt, und die ehemaligen viktorianischen Holzpaläste der Mahagoni-Barone präsentieren sich als historische Denkmäler hübsch restauriert.

 
Es ist Mittag und die Stadt scheint völlig ausgestorben. Einziges Lebenszeichen sind dumpfe Reggae-Rhythmen, die durch die Ritzen der geschlossene Fensterläden dringen. Oder woanders die liebessehnsüchtigen Schnulzen der farbigen Sängerin Withney Houston. Zu dieser Zeit liegt über der Dorf-Stadt die süße Hängematten-Melancholie von ganz Belize, von der man später immer wieder träumen wird.

Top-Ten von Belize:
(1) Caracol
Wissenschaftler fanden in dieser mächtigen Mayastadt eine Sensation: Eine Altar-Inschrift, die vom Sieg über Tikal im Jahr 567 n.Chr. erzählt. Und immer noch wird hier gegraben.

(2) Department of Archaelogy
Über 10000 Fundstücke von Belizes Mayastätten sind hier in Regalen zu sehen, darunter die Jade-Inlays aus dem Gebiß eines Herrschers von Altun Ha und jede Menge kultische Keramiken von magischer Symbolkraft

(3) Placencia
Belizes schönster Festlandstrand, ein herrlicher weißer Korallensandsaum, bewachsen mit einem Palmenhain; er zieht sich kilometerlang fast über die ganze Halbinsel.

(4) Bootsfahrt nach Lamanai
Reisen Sie wie die alten Maya über den New River, durch Felder blühender Seerosen, und machen dann das Boot vor der verwunschenen Mayastätte fest, dem "untergetauchten Krokodil" (Lamanai).

(5) Great Blue Hole
Kreisrund und tief königsblau liegt diese eingestürzte Unterwasserhöhle mit ihrem Durchmesser von rund 140 Metern im Innern der Lighthouse Reef Lagune. Als einer der ersten erforschte sie Jacques Cousteau.

(6) St.George`s Caye
Die kleine Insel war Belizes Urzelle, heute können Sie hier, nur einen kurzen Bootstrip von Belize City entfernt, unter Palmen verwehte Historie genießen, Pelikane beobachten, tauchen, fischen, faulenzen.

(7) Fido`s Courtyard and Pier
Der schönste Treffpunkt von Belize, am Strand von San Pedro auf Ambergris Caye 

(Madonna's "lsla Bonita"). Die Musik von Bands mischt sich hier mit dem Rauschen der Wellen vom Barrier Reef, während Urlauber aus aller Welt sich von ihren Reiseabenteuern erzählen.

(8) Ix Chmel Farm
Einzigartige "Urwald-Apotheke" bei San Ignacio, wo Sie jede Menge heilsamer Essenzen aus Regenwald-Kräutern, -Rinden oder -Blüten kaufen können. Gebraut wurden sie nach Rezepten eines Maya-Häuptlings.

(9) Fort Street Restaurant
Köstliche alte Kolonialzeit! Geniessen Sie die warme Atmosphäre dieses wunderschönen alten Hauses auf der historischen Fort-George`s Insel von Belize City bei feinen Fischgerichten und saftiger Schokoladentorte.

(10) Chan Chich Lodge
Die Verwirklichung eines verwegenen Traums, das ungewöhnlichste Resort im Land, erbaut in der abgeschiedenen Urwald-Wildnis des Orange Walk Destrikts mitten in der Mayastätte Chan Chich. Virtual Images

 (Fotos © CariLat )


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Stand: 09. May 2002
 

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