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Nach Unwetter «Agatha»:
«Gringos» lassen Mayas nicht im Stich

Von Bernd Kubisch, Juni 2010

Maya-Mädchen Tania (hier mit Frauen von Lema) wünscht sich, dass nach dem Unwetter wieder mehr Touristen kommen. Copyright © Bernd Kubisch

Maya-Mädchen Tania (hier mit Frauen von Lema) wünscht
sich, dass nach dem Unwetter wieder mehr Touristen kommen.

     San Juan La Laguna - Auch nach Überschwemmungen und Erdrutschen Ende Mai lernen Ausländer weiterhin Spanisch in Antigua, besteigen die Maya-Tempel in Tikal, besuchen die bunten Maya-Märkte am Atitlán-See. Der schwere Sturm «Agatha» hat vor allem an Berghängen schwere Schäden angerichtet, aber Maya-Stätten, andere touristischen Anlagen, Urlauber-Hotels und Restaurants fast völlig verschont. Die Gästezahlen sind nach dem Unwetter zunächst rückläufig. In Antigua dagegen flanieren inzwischen wieder viele Ausländer zwischen Kolonialbauten, drücken preiswert die Schulbank und übernachten bei Familien. Die «Gringos» lassen vor allem die Mayas im Hochland nicht im Stich. Am Atitlán-See krempeln Einheimische, Deutsche und andere Ausländer die Ärmel hoch, um Betroffenen zu helfen und den Tourismus
wieder anzukurbeln.

     Das Maya-Mädchen Tania aus San Juan La Laguna ist stolz, dass ihr Ort zu den saubersten im Lande zählt. Auch die Zehnjährige sammelt Dosen und Flaschen. Die Gemeinde am See hat ein Recycling-System aufgebaut. Das haben auch Tanias Mutter und ihre Kolleginnen angeschoben, die im Frauenprojekt «Lema» Stoffe, Blusen und Schals mit Naturfarbe herstellen. Die Aufträge sind rückläufig. Tanias dunkle Augen werden nun traurig. Sie sagt in fließendem Spanisch: «Nach dem Unwetter haben wir weniger Besucher und viele Probleme.» Und eine der Frauen sagt: «Unsere Aufträge aus Deutschland und den USA gehen leider stark zurück.» Das habe wohl auch mit Presseberichten über die Verunreinigung des Atitlan-Sees zu tun. Etliche Kommunen leiten trotz vieler Proteste ihr Dreckwasser in den See.

     Einheimische und Ausländer beraten an diesem sonnigen Morgen im zwanzig Bootsminuten entfernten Jaibalito, wie sie weiter helfen können. In der Pension von Hans Schäfer, der aus dem Raum Ulm stammt, bekommen Obdachlose manche Mahlzeiten gratis. Zwischen Gästezimmern und Bananenstauden in der «Posada Jaibalito» sitzen Maya-Kinder, malen und buchstabieren. Denn das Schulgebäude erlitt Schaden. Bei Kaffee, Taco, Käse und Bohnen wird über die aktuelle Lage geredet. Übrigens: In der Posada kosten eine Übernachtung, drei Mahlzeiten und Getränke keine 15 Euro, Internet ist gratis.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Dr. Clemens Luhmann (45) aus Bielefeld mit Maya-Kindern in Jaibalito

     «Die Mayas wollen keine Almosen. Sie möchten, dass wieder mehr Touristen kommen. Das bringt Lohn und Brot», sagt Dr. Clemens Luhmann. Der Arzt aus Bielefeld lebt schon lange hier, hat von seinem Haus Vulkan- und Seeblick. Luhmann hilft bedürftigen Kranken und Verletzten und bei der Finanzierung von Gratismahlzeiten. Die touristische Infrastruktur am See ist intakt, Hotels, Restaurants und Märkte sind geöffnet. Boote steuern alle Dörfer am Atitlan an.

Boote steuern alle Dörfer am Atitlan an. Copyright © Bernd Kubisch

Boote steuern alle Dörfer am Atitlan an.

      Der deutsche Arzt hat mit dem Geschäftsmann Jürgen Katt aus Hagen Lebensmittel und Kleidung in besonders betroffene Dörfer gebracht. Die Spenden stammen von Freunden Katts in Guatemala Stadt. Der 61-Jährige, der seit über 20 Jahren mit seiner Familie in Panajachel am Atitlan-See lebt und Honorarkonsul ist, betont: «In der Not halten am See alle zusammen- Einheimische, Touristen und Einwanderer aus aller Welt sowie die etwa 50 Deutschen, die hier leben.»

     Schon vor langer Zeit haben zahlreiche Prominente das Hochland am Atitlan-See genossen: Alexander von Humboldt, später der Revolutionär Che Guevara, Regisseur Werner Herzog und Schauspieler Klaus Kinski. Die ersten Deutschen, die «Alemanes», zogen vor gut 150 Jahren hierher. Mehr als die Hälfte der dreizehn Millionen Guatemaltecos sind Mayas. Viele haben ihre Jahrhunderte alten Traditionen bewahrt.

     «Schlimme Bilder von ‚Agatha’ sind genug um die Welt gegangen. Wir blicken nun nach vorn», sagt Mario Rutgers aus dem Raum Enschede. Der 39 Jahre alte Holländer arbeitet am See als Computerfachmann und Webdesigner. Er unterstützt sozial engagierte Gruppen wie «auda guatemala» und sagt: «Nun müssen wir auch im Internet mehr von der menschlichen Solidarität, der Schönheit des Sees sowie der Herzlichkeit der Mayas und ihrem handwerklichen Können berichten.»

     In der antiken Maya-Stätte Tikal und der Kolonialstadt Antigua mit über 60 kleinen Spanischschulen hat das Unwetter gar keine Schäden hinterlassen. «Das wissen leider im Ausland viel zu wenige», sagt Reiseführer Emilio Briones Eckstein, der auch viele Jahre in Hamburg gelebt hat. «Von uns kam niemand zu Schaden», sagt Christa Methmann aus Flensburg. «Leider ging der Tourismus zurück.» Die 57-Jährige fertigt in Antigua Bilder, Blusen und räuchert Fisch. «Ich fühle mich sehr wohl hier.» Auch in und um Antigua leben knapp 50 Deutsche und einige hundert Ausländer, vor allem aus den USA.

     Wegen steigender Kriminalität und Überfällen hat es der Tourismus in Guatemala und Nachbarländern ohnehin heute schwer. Das Auswärtige Amt schreibt: «Bei Reisen nach Guatemala ist erhöhte Vorsicht geboten.» Das Land habe «eine der höchsten Kriminalitätsraten in Lateinamerika.» Ericka Guillermo vom staatlichen Tourismusinstitut Inguat sagt, auch die Touristenpolizei sei verstärkt im Einsatz. Sie fügt hinzu: «Wir meinen, dass die Berichte im Ausland zum Thema Sicherheit in Guatemala überzogen sind.» Bei etlichen deutschen Reiseveranstaltern heißt es: Wäre die Sicherheitslage besser, könnten wir mehr Reisen nach Guatemala verkaufen. Das Land habe «ein riesiges Tourismuspotenzial».

INFO-KASTEN: Guatemala

Internet:
Frauenprojekt Lema (www.sanjuanlalaguna.org)
Hilfsprojekt Atitlan (www.audaguatemala.org)
Posada in Jaibalito (www.posada-jaibalito.de)
Infos Atitlan-See (www.atitlancommunity.com)
Tourismusbehörde Inguat (www.visitguatemala.com)
Auswärtiges Amt (www.auswaertiges-amt.de)

Mehr Informationen geben:
Dr. Clemens Luhmann: clemensdrluhmann.de
Emilio Briones Eckstein: eckstein15hotmail.com
Jürgen Katt: juekatthotmail.com

Frauenprojekt Lema

Hilfsprojekt Atitlan
 

Posada in Jaibalito

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Touristenattraktion Tikal mit Urlaubern: Die antike Stadt der Mayas in den Regenwäldern
des Petén ist Weltkulturerbe und eine der wichtigsten Attraktionen Guatemalas. Diese Region hat keine Unwetterschäden.

Copyright © Fotos Bernd Kubisch

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Stand: 29. Juni 2010
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