CariLat-Karibik-Lateinamerika-Magazin   Costa Rica

 

 
 



 

     Breite Spuren wie von einem Traktor

Las Baulas National Marine Park, Tamarindo, Guanacaste, Costa Rica am Pazifik  Foto©Mario Roberto Durán Ortiz - Wikipedia


Umweltsorgen fördern Engagement für den Schutz von Schildkröten und Küste
von Michael Meyer
 
Oliv-Bastardschildkröte. Sie legt hier am Strand ihre etwa 50 Eier, halb so groß wie Tischtennisbälle, im Minuten-Takt.

Oliv-Bastardschildkröte. Sie legt hier am Strand ihre etwa 50 Eier,
halb so groß wie Tischtennisbälle, im Minuten-Takt.

  CariLat.de 12/2012
 

     Zunehmender Tourismus, viele neue Hotels und der Klimawandel bereiten Umweltschützern in Costa Rica Kopfzerbrechen. Vor allem an der lebhaften Pazifikküste wächst die Gefahr von Erosion und Küstenzersiedlung, die Flora, Fauna und vor allem Riesenschildkröten gefährdet. Einheimische und Deutsche krempeln gemeinsam die Ärmel hoch.
    
Bei seinem Job kommt Michael Schlönvoigt manchmal auch nachts ins Schwitzen. Ein dunkler Koloss verschwindet gerade im Pazifik. Das Mondlicht flackert durch die Wolken, erhellt den Rest des mächtigen Panzers der Lederrücken-Schildkröte. Schlönvoigt, geboren in Aalen in Baden-Württemberg, ist ein bisschen enttäuscht, dass er zu spät kommt, und außer Atem, weil er den letzten Kilometer sehr schnell über den Sand lief. Mit Rodney Piedra, Chef des Meeresnationalparks Las Baulas in der Provinz Guanacaste, verfolgte er die breite Spur der „Tortuga Baula“ strandeinwärts. Die Tiere können bis zu 800 Kilo schwer, ihre Panzer bis über zwei Meter lang sein. Die Schaufel- und Kriechspuren über dem Nest sind gewaltig, als wenn hier ein Traktor kreuz und quer gefahren wäre.
    
Der Parkchef und sein Berater aus Deutschland knien jetzt etwa 200 Meter weiter im Sand. Señor Piedra erhellt mit dem rötlichen, sanften Licht seiner Taschenlampe eine Kuhle und das Hinterteil einer Oliv-Bastardschildkröte. Die legt ihre etwa 50 Eier, halb so groß wie Tischtennisbälle, im Minuten-Takt.
 

Der Lebensraum der Schildkröten ist vielfältig bedroht
 
Michael Schlönvoigt, GIZ-Kollegin Patricia Ruiz und Rodney Piedra, Chef des Meeresnationalparks Las Baulas in der Provinz Guanacaste vor dem originalgetreuen Monument einer Lederrücken-Schildkröte, Tortuga Baula, die dem Nationalpark ihren Namen gab.
Michael Schlönvoigt, GIZ-Kollegin Patricia Ruiz und Rodney Piedra, Chef des Meeresnationalparks Las Baulas in der Provinz Guanacaste vor dem originalgetreuen Monument einer Lederrücken-Schildkröte, Tortuga Baula, die dem Nationalpark ihren Namen gab.

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Die Tortuga Lora ist Stammgast hier am Strand, sie hat einen gut 60 Zentimeter langen Panzer“, erläutert der Parkchef. Auch die Lederrücken-Schildkröte komme regelmäßig, aber seltener, sie sei inzwischen weltweit gefährdet. Dafür sorgen nicht nur Fischernetze im Meer und Plastikabfälle, die die Tiere womöglich für leckere Quallen halten, sondern auch tierische und menschliche Eierdiebe sowie Hotels und Villen, die immer näher an den Strand rücken. „Auch der Klimawandel mit ansteigenden Temperaturen und höherem Meeresspiegel, Küstenerosion und Zersiedlung der Nistflächen macht den Tieren zu schaffen“, erläutert Schlönvoigt. Der promovierte Forstwissenschaftler und Diplom-Agraringenieur arbeitet für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Er befasst sich mit der Anpassung an den Klimawandel im Bereich der marinen Küstenbiodiversität. Hier kooperiert die GIZ im Auftrag des Bundesumweltministeriums mit einheimischen Partnern wie zum Beispiel Costa Ricas Schutzgebietsbehörde.
 
Aus dem Schwäbischen und aus Niedersachsen nach Costa Rica
Fachgespräch mit Schildkröten-Skizze im Sand: GIZ-Mitarbeiter Michael Schlönvoigt aus Baden-Württemberg mit Kollegin Patricia Ruiz, die aus Chile stammt und für die GIZ von San José aus arbeitet.

Fachgespräch mit Schildkröten-Skizze

    
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uf dem Rückweg zum Haus der Parkverwaltung unweit des Touristendorfs Tamarindo erzählt der Deutsche von früheren Jahren und wie er zu seinem Job gekommen ist: „Ich war verwurzelt im Schwäbischen, bin aufgewachsen in Oberkochen. Ich war 13, hatte in der Oberschule meine erste ‚2‘ in Englisch, war im Fußballverein in Oberkochen Spielführer und auf dem Weg nach oben“, erzählt Schlönvoigt. „Da sagte mir mein Vater, wir ziehen nach Costa Rica‘ um. Ich war geschockt. So schnell wollte ich dann doch nicht ins Ausland, und wenn, eigentlich nur zu Real Madrid!“
    
Schlönvoigt muss schmunzeln. „In meinen ersten fünf Jahren Costa Rica hatte ich mich allerdings schnell eingelebt und sofort sehr wohl gefühlt. Diese Zeit war für mich sehr prägend.“ Nach dem Studium in Darmstadt und Göttingen und Jobs in Afrika, Asien und Lateinamerika arbeitet der Schwabe – mit einigen Unterbrechungen – nun schon zehn Jahre in Costa Rica. Seine Frau Andrea aus Schüttorf in Niedersachsen ist ebenfalls Agrar- und Forstexpertin und in ähnlichen internationalen Projekten tätig. Das Paar lebt in einem Haus zwischen Palmen und Bananen am Stadtrand von San José.
 

Fachleute diverser Organisationen treffen sich
 
«Wir haben Fachleute diverser Organisationen eingeladen, die ihr Wissen dann im Job verbreiten», sagt Seminarexpertin Silvia Ulrich von der GIZ-Zentrale in Eschborn      Am Morgen verteilt Schlönvoigt zum Abschluss eines Seminars von GIZ und Partnern des zentralamerikanischen Landes Urkunden im Tagungsraum eines Hotels. Es geht um die Folgen des Tourismus, um Ressourcenschutz, Klimawandel und die ökonomische Bewertung von Umweltdienstleistungen. «Wir haben Fachleute diverser Organisationen eingeladen, die ihr Wissen dann im Job im Land verbreiten», sagt Seminarexpertin Silvia Ulrich von der GIZ-Zentrale in Eschborn.
    
Schlönvoigt und sein Team bekommen viel Lob von den Seminarteilnehmern. Die sind keine Anfänger, sondern Experten von Nichtregierungsorganisationen, staatlichen und kommunalen Behörden. Der Erhalt der Ökosysteme im Meer und der Küstenregionen sei auch für die Küstenbewohner immens wichtig, wird betont. Denn das bietet Schutz gegen Sturmfluten, Überschwemmungen und Versalzung von Böden und Grundwasser.»
    
GIZ-Kollegin Patricia Ruiz Madariaga aus Chile, selbst seit 20 Jahren in Costa Rica, sagt zwischen Mangroven und Brandung: «Auch der Tourismus in Costa Rica muss sich mit der Klimaproblematik auseinandersetzen, sonst nimmt die Umwelt Schaden.» Nur so werde Costa Rica weltweit im Naturtourismus führend bleiben und weiter ein Hotspot von Biodiversität und Lebensraum einer hohen Anzahl endemischer Pflanzen- und Tierarten sein.
Seminarexpertin Silvia Ulrich von der GIZ-Zentrale in Eschborn
 
 

Weitere Informationen

MINAET (Ministerio del Ambiente, Energía y
Telecomunicaciones) Ministerium für Umwelt,
Energie und Telekommunikation
http://www.minae.go.cr
MINAET (Ministerio del Ambiente, Energía y Telecomunicaciones
SINAC (Sistema Nacional de Áreas de Conservación)
Verantwortliche Behörde für die Schutzgebiete in Costa Rica
https://www.sinac.go.cr
SINAC (Sistema Nacional de Áreas de Conservación)
BIOMARCC SINAC – GIZ
(Biodiversidad Marina y Costera de Costa Rica)
Projekt: Zielgerichtete Bündelung von Kapazitäten zur Erhaltung der Artenvielfalt und der Anpassung an den Klimawandel der
Meeres-und Küstengebiete in Costa Rica
http://www.biomarcc.org
BIOMARCC SINAC – GIZ  (Biodiversidad Marina y Costera de Costa Rica)
GIZ - Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit bündelt seit 01. Januar 2011 die Kompetenzen und langjährigen Erfahrungen von DED, GTZ und InWEnt
http://www.giz.de
GIZ - Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
 
GIZ-Seminar in einem Hotel in Strandnähe des Nationalparks. Michael Schlönvoigt überreicht ein Zertifikat an eine Seminar-Teilnehmerin
GIZ-Seminar in einem Hotel in Strandnähe des Nationalparks. Michael Schlönvoigt überreicht ein Zertifikat an eine Seminar-Teilnehmerin
 

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Stand: 07. Dezember 2012