CariLat-Karibik-Lateinamerika-Magazin

Die schönsten Plantagenhotels der Karibik auf St.Kitts & Nevis

von Birgit Müller-Wöbcke

Admiral Christoph Kolumbus
"Ich sah so viele Inseln, dass ich mich nicht entscheiden konnte, welche zu besuchen", notierte Kolumbus in sein Logbuch, als er durch die Karibik kreuzte.

Die Engländer wussten es besser: Sie warfen Anker vor St. Kitts und Nevis - und die Eilande, westlich von Antigua gelegen, wurden zur Kolonie. Lang ist's her, doch bis heute sind die Vorzüge der paradiesischen Inseln fast nur Insidern bekannt. In den Wintermonaten werden sie gleichwohl zum Dorado für wohlhabende Globetrotter, die in historischen Greathouses ihre Vorstellungen vom Wohnen abseits des Alltags verwirklichen. Denn: Nirgendwo sonst in den West Indies finden sich so viele koloniale Relikte, so viele Herrenhäuser unter Palmen.

Zuckerrohr
St. Kitts, die größere der beiden Inseln, wies gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch 300 sugar estates auf, Zucker-produzierende Plantagen, und das kleine Nevis immerhin sechs Dutzend. Was sich heute so romantisch präsentiert, war harte Arbeit: Zuckerrohr prägte (noch bis 1960) die Gesellschaft. Aus England und Frankreich kamen Familien, die Plantagen anlegten, großzügige Wohnhäuser errichteten. Ihr Lebensstil beeinflusst noch heute die Inseln, wenn auch ihre Kinder häufiger als Hoteliers denn als Pflanzer tätig sind.

Umgeben von Zuckerrohrfeldern, über eine lange Auffahrt zu erreichen, liegt "Rawlin's Plantation", bis in die siebziger Jahre im Besitz von Phillip Walwyn, dessen Familie das Anwesen annähernd drei Jahrhunderte lang besaß. Während heute Claire und Paul Rawson die kolonialen Bauwerke - darunter ein romantischer Turm - als exquisites Landhotel führen, lebt Phillip weiterhin im Greathouse, eingerichtet mit Familienerbstücken und Kunstgegenständen der Antillen. Nur wenige Schritte sind es in das lichtdurchflutete Atelier seiner Frau Kate. Sie nennt ihr Studio "The Picture House", findet dort Inspirationen für ihre Arbeiten, die unter dem Namen "Kate Design" schnellen Absatz in den Boutiquen finden. In den Tropen nehmen Holz und Eisen schnell Patina an, und das viele Quadratmeter große Sprossenfenster, von Kate selbst entworfen und von hiesigen Schreinern gefertigt, sieht heute aus wie eine kostbare Antiquität. Vor dem Fenster hat sie ihre Staffelei postiert - was auswärtige Besucher immer wieder zu der Bemerkung veranlasst, dass die Künstlerin schon sehr lange auf der Insel leben müsse: Jeder andere würde sich durch den Blick auf das Karibische Meer vom Sujet ablenken lassen.

A room with a view suchte auch der auf St.Kitts urlaubende Unternehmer Art Keusch. Schließlich fand er das zum Verkauf stehende "Ottley's Estate", eine Plantage in einzigartiger Lage: Am Fuß des Mount Liamuiga, zwischen Lavastrand und grün leuchtendem Regenwald. Passatwinde und der Blick zur karibischen See, die verführerisch am Horizont schimmert, erfrischen Geist und Gemüt. Nach Sonnenuntergang quaken Frösche, turnen Affen durchs Gebüsch. Art Keusch und seine Frau, Tochter und Schwiegersohn tauschten New Jersey gegen die Vulkaninsel. Sie haben es nie bereut. Der Swimmingpool, in tiefem Seegrün, scheint auf dem Meer zu schwimmen, das - obwohl so nah - doch eine viertel Stunde mit dem Auto entfernt ist.

Viele der Geschichten klingen ähnlich. "It's going to be a lemon", spotteten Freunde, als sie erfuhren, dass der eingefleischte New Yorker Arthur Leaman auf einer ihnen unbekannten Insel ein Herrenhaus erworben hatte und daraus ein Hotel machen wollte. "Wenn schon eine Zitrone, dann eine goldene", konterte Leaman und wechselte von Manhattan nach Dieppe Bay, der ersten von französischen Hugenotten gegründeten Siedlung auf St. Kitts. Doch dort, wo Karibik und Atlantik zusammenfließen, erinnert heute wenig an die ruhmreiche Vergangenheit des alten Hafens. Nur das Rauschen der Brandung unterbricht die Mittagsstille, und beschattet von hohen Kokospalmen liegt das im 17. Jahrhundert aus mächtigen Lavaquadern erbaute Lagerhaus. Fensterläden und Türen ließ Leaman zitronengelb streichen. Für die internationale Elite der Kreativen ist die "Zitrone" heute ein Geheimtipp, eine Herberge, die Kunst und intellektuellen Witz versprüht. Nach Leamans umfassender Restaurierung und dem Bau weiterer Gästehäuser überzeugt das Ergebnis als eklektische Mischung aus Ethno-Design und viktorianischen Antiquitäten. Vom Plunge Pool einiger Suiten geht der Blick auf das Meer, und in der Ferne schimmern die Hügel von St. Eustatius. Blumenarrangements verströmen einen süßen Duft, wie er so typisch ist für die Tropen. Ein Anwesen, das Seele und Sinne anspricht.

In luftiger Lage, nämlich hoch über dem Strand von Frigate Bay, liegen die "Horizon Villas", repräsentative Hotel-Villen in karibischem Kleid, die demonstrieren, dass auf St. Kitts das architektonische Erbe Verpflichtung auch für moderne Baumeister ist. Nachzulesen in "Heritage", der von der gleichnamigen Gesellschaft herausgegebenen Zeitschrift, deren rührige Mitglieder sich um Erhalt und Restaurierung der vielen, noch von wollüstig wucherndem Dschungel zugedeckten Gemäuer kümmern.

Nur wenige Minuten dauert der Flug per "Island Express" nach Nevis, noch eine Spur grüner (und distinguierter) als St. Kitts. Das "Four Seasons Hotel" und ein Robert Trent Jones-Golfplatz sind bislang die einzigen Zugeständnisse des Premiers Vance Armory an den internationalen Tourismus. Und so sind die stimmungsvollen, am Fuß des erloschenen Vulkans Nevis Peak liegenden Plantation Inns bisher nur einer kleinen Schar Eingeweihter bekannt.

Baum der Reisenden

Woody Allen liebt die Insel, ebenso wie einige Hollywood-Schauspielerinnen, deren Namen man sich auf den glücklichen Inseln nicht merken kann. Wenn die Grillen ihr Konzert wieder aufnehmen, grün schillernde Kolibris mit schnellem Flügelschlag den Nektar saugen, ruft im "Montpelier" - dem berühmtesten der karibischen Landhaus-Preziosen - gegen 20 Uhr die Glocke zum Dinner auf der Veranda. Flackernde Kerzen und die Lichter der Nachbarinsel tragen zur Atmosphäre bei. Gäste des Hotels wie Freunde des Hauses schätzen die diskret aufgetragene Menüfolge, nachdem sie sich vorher in der Bibliothek auf einen Sundowner-Cocktail trafen.

Im "Montpelier" speisen die Besitzer gern mit ihren Gästen, und wenn sie auf Besuch im heimatlichen England weilen, vertritt sie Manager Michael, gleich in fünf Sprachen. Vermutlich war auch Prinzessin Di (die eine ganze Woche hier weilte) begeistert - doch Diskretion ist oberste Maxime, und die prominenten Gäste kehren auch deshalb immer wieder, weil ihre Anonymität gewahrt bleibt. Dem jungen erfolgreichen Banker aus Miami Beach und dem Inhaber der britischen Schuhdynastie Church ist das gerade recht.

 

Übrigens: 1787 war es, als im "Montpelier" Horatio Nelson die schöne Witwe Fanny Nisbet kennen lernte und für sie entflammte. Die Hochzeitsurkunde des Paares hängt heute aus in der kleinen Fig Tree-Kirche, und das Horatio Nelson-Museum hält die Erinnerung wach an den berühmten Admiral.

In Familienbesitz seit Generationen ist das "Golden Rock Estate". Die charmante Besitzerin erzählt, dass ihr Urgroßvater die Plantage anlegte, mit Zuckerrohr sein Glück machte - bis ihn ein tropisches Fieber dahinraffte. Die Saga ihrer Familie wie die Geschichte der Insel ist nachzulesen im Roman "Swords, Ships & Sugar", von Nevisianer Vincent Hubbard packend erzählt. Fragen Sie im "Golden Rock" nach der honeymoon suite, einem zweistöckigen Turm mit opulentem four poster-Bett und Colefax and Fowler-Stoffen.

Und besuchen Sie die "Hermitage". Als Amerikaner die benachbarte Plantage erwarben, wandelten sie das koloniale Anwesen zu einem ungewöhnlichen Refugium um. Überall auf den zwei Inseln erstanden sie kleine, vom Verfall bedrohte Holzhäuser, die einst so typisch für die Antillen waren: Puppenstuben ähnliche Gebäude mit nur zwei oder drei Zimmern, davor eine kleine Veranda. Die Häuschen wurden sorgfältig restauriert und unter mächtigen Flamboyant-Bäumen wieder aufgebaut. Helle, fröhliche Farben entsprechen dem heutigen Geschmack und lassen "Pink" wie "Yellow Manor House", "Treetops" und das "Carriage House" zwischen den unzähligen Grüntönen des Tropenparks hervorleuchten. 

Seele der "Hermitage" ist das 1740 von der aus Wales stammenden Familie Pemberton errichtete Plantagenhaus. Das vollständig aus tropischem Edelholz bestehende Gebäude - das älteste Holzhaus der Kleinen Antillen - zieren seidengraue Holzschindeln. 

Ursprünglich wurden nur ein großer Wohnsalon und eine Küche geschaffen. Hier beließ man das Balkenwerk sichtbar und kalkte es weiß. Eher eine Ausnahme, denn Nevisianer lieben Farben. Und wie große Papageien leuchten die Häuser aus dem Regenwald unterhalb des in Wolken gehüllten Vulkans hervor. Schon von weitem grüßt eine kubistisch anmutende, in Privatbesitz befindliche Villa. Erbaut wurde diese vom New Yorker Architekten-Duo Antonio Morello und Donato Savoie, die unter ihrem Markenzeichen "Studio Morsa" auf Martha's Vineyard wie Long Island - und nun auch auf Nevis - ihre Handschrift hinterließen. Die Farbe, so sagen die temperamentvollen Baumeister, reflektiere in der Karibik die Lebensfreude der Menschen. Kein Wunder, dass der Besitzer des in kräftigen Blau- und Orange-Tönen gehaltenen Designstücks jedes Jahr viele Monate auf der Insel lebt.

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 © Fotos Manfred Wöbcke 

Birgit Müller-Wöbcke ist Co-Autorin des DuMont Richtig Reisen "Kleine Antillen"

DuMont Richtig Reisen"Karibik - Kleine Antillen"
Autoren: Birgit Wöbcke / Manfred Wöbcke
400 S. mit ca. 120 farb. Abb., farb. Karten und Plänen,
prakt. Reiseinformationen von A-Z, Richtig Reisen-Tipps und Themen, Adressen, Literaturverzeichnis, Sprachführer, Glossar, Register.
Auflage: 1. Aufl. 2000, ISBN: 3-7701-4878-9

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Stand: 05. April 2009
 

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