|
||||
Von der Kunst inszenierter Attraktivität |
||||
CariLat (red) |
||||
"Wer ist die Schönste im Land?" Das ist in Lateinamerika eine fast so wichtige Frage wie die nach der besten Fußballmannschaft im Jahr. Bei aller "Sportlichkeit," die die Verliererinnen gern mal bekunden, ist es vor allem ein gesellschaftliches Ereignis. Gekrönte Schönheit adelt, ebnet Wege in die gute Gesellschaft und macht den stärksten Politiker schwach. Zum Beispiel den früheren argentinischen Präsidenten Carlos Menem, der in Bälde die chilenische Fernsehjournalistin und ehemalige Miss Universum Cecilia Bolocco heiraten will. Längst spricht man von einem Schönheitskult, der mit seinen Nebenerscheinungen wie schon zur Normalität gehörenden schönheitschirurgischen Eingriffen zur Verbesserung des äußeren Erscheinungsbilds dem bekannten Männlichkeitswahn in Lateinamerika in Nichts nachsteht. Hauptsache, attraktiv im Sinne eines stereotypen Schönheitsideals? Das mag für die Masse der Nachahmer gelten. Schön und dumm - das sind nachher eher die Nachahmer nach dem entsprechenden Eingriff. Selten aber die Protagonisten des Spektakels selbst. Dass sich Schönheit, Klugheit oder Persönlichkeit eigentlich ausschließen müssen, auf diese von lustfeindlichen Moralisten geborene Idee kommt man nur hierzulande. Die Verführungskünste des Latin-Lovers sind berühmt berüchtigt. Aber die Latina? Der Mann schweigt und genießt - vielleicht wurde über die Vorzüge der Latina deshalb bisher so wenig geschrieben. Dabei ist sie nicht minder eine Künstlerin im Umgang mit Männern, kaum weniger verliebt in ihre Attraktivität und ihre Anziehungskraft auf's andere Geschlecht. Und in den Mann. Eine echte Latina liebt den großen Auftritt. Selbst zum Brötchenholen schreitet sie wie über einen roten Teppich. Puderdose und Lippenstift sind für sie unentbehrliche Utensilien, gleich ob ihr Wirkungsbereich die Familie oder ein Unternehmen ist. Wenn z.B. eine durchaus vornehm wirkende ältere Dame ganz unvornehm ihr Make up in der First Class einer Passagiermaschine überprüft: Man kann ziemlich sicher sein, dass sie aus Lateinamerika kommt. Eine Latina badet genüsslich im bewundernden Raunen der Männer ohne es als Belästigung zu empfinden - freilich auch meist ohne sie eines Blickes zu würdigen - höchstens mit einem in letzter Minute über die Schulter zurückgeworfenen Lächeln. Koketterie? Ja, gewiss. Und doch ein bisschen mehr. Wer sie kennt, der weiß: Ihre Lust an der Liebe schimmert bei jedem Flirt durch und bringt so manchen Mann um seinen Verstand. Nichts ist für eine Latina schlimmer, als keine Blicke mehr auf sich lenken zu können, wenn keiner mehr pfeift oder zwischen Zähnen "reina" oder "bella" hinter her zischt. Nicht bemerkt zu werden, das ist für sie wie nicht existieren. Gefürchtete Einsamkeit in der Masse. Ein Niemand sein, nichts zu spüren außer Pflicht und Sorgen - es macht das Leben zur Last. Lust haben, am Sein, am Begehrtwerden, das ist ihr Lebenselixier - Leiden inklusive. Eine ihrer größten Stärken ist die nonverbale Kommunikation, die, die das Feuer anfacht ohne einen Satz - nur mit einem Blick, mit Unnahbarkeit im rechten Augenblick, Härte, wenn es darum geht, dem Liebsten innere Unabhängigkeit zu beweisen. Nur keine Schwäche zeigen. Nur keine Weinerlichkeit, keine langen Diskussionen, keine Moralpredigen - eine Latina weiß um die Fragilität von zwischengeschlechtlicher Anziehungskraft. Stets ist sie gepflegt, stets körperbewusst vom stolzen Gang bis zum spontanen koketten Hüftschwung, der mehr als tausend Worte sagt. Meisterhaft wissen sie den Mann zu umgarnen, beherrschen das erotisierende Wechselspiel von Nähe und Distanz - und sind doch verloren, wenn es sie erwischt hat. Es ist die Kunst inszenierter Attraktivität, die sie meist mit der Verwundbarkeit eines Kindes beherrscht. Ob die Latina emanzipiert ist oder nicht, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Hier geht es um ihr Lebensgefühl, um den Genuss an Sinnlichkeit - "die Luft der lebendigen Welt - ein leicht entzündliches und jeden Augenblick an hunderttausend Punkten entzündliches Gas" (Christian Morgenstern). Lassen wir uns von ihr ein wenig anstecken - zum eigenen Vergnügen! |
||||
. | ||||
Infos zur Miss Universe-Wahl 2002 in Puerto Rico | ||||
|
Alle Angaben nach bestem
Wissen, aber ohne Gewähr
Copyright © CariLat. All rights reserved.
Stand: 11. May 2002